Steuern und Sparen

■ Riesenloch in Frankreichs Staatskasse Alkohol- und Benzinsteuern

Berlin (taz) - Der neue französische Regierungschef Edouard Balladur hatte gestern keine guten Nachrichten für die WeintrinkerInnen und AutofahrerInnen in seinem Lande. Sie sollen bald mehr zahlen. Denn das Loch im französischen Staatshaushalt ist noch viel größer als befürchtet. Die vom Premier eingesetzte Kommission hatte vergangene Woche Zahlen präsentiert, wonach der Fehlbetrag im Etat im laufenden Jahr doppelt so hoch ausfallen wird wie im Haushaltsentwurf angesetzt. Statt 165 Milliarden Francs (etwa 50 Milliarden Mark) muß sich die Regierung jetzt mit einem Defizit von 340 Milliarden Francs (102 Milliarden Mark) herumschlagen. Dazu kommt die Lücke in der Renten-, Kranken- und Arbeitslosenversicherung, wo 100 Milliarden Francs (30 Milliarden DM) fehlen. Und die Rezession sorgt dafür, daß die Wachstumsprognosen für das Jahr 1993 erneut nach unten korrigiert werden mußten: Jetzt soll es laut Kommissionsschätzungen zu einer wirtschaftlichen Kontraktion von mindestens einem halben Prozent kommen.

Balladur nützt den Vertrauensvorschuß durch seinen überwältigenden Wahlsieg vor fünf Wochen, um jetzt unpopuläre Maßnahmen durchzusetzten. Der düstere Bericht der Kommission hilft dem Premierminister dabei, sein Kabinett und auch die Bevölkerung von der Notwendigkeit einschneidender Maßnahmen zu überzeugen. Außer den Verbrauchsteuern für Benzin und Alkohol ist zur Finanzierung der Sozialversicherung auch eine Erhöhung der Solidaritätssteuer vorgesehen: wer ein Einkommen hat, muß vermutlich demnächst doppelt soviel wie bisher und damit etwa 2,4 Prozent zahlen.

Auch der Staat soll laut Balladur etwa 20 Milliarden sparen, und zwar vor allem bei den Ausgaben für Rüstung und Erziehung. Allerdings soll auch die Konjunktur, der ja die Hauptschuld am Defizit gegeben wird, angekurbelt werden. Und dafür will die Regierung auch Geld ausgeben, etwa für den sozialen Wohnungsbau oder für Steuerhilfen für kleine und mittelständische Unternehmen. Aber der Spielraum für Balladurs Pläne ist denkbar klein. Die Reaktion der Wirtschaft ist abzusehen: Die Schritte sind zu klein, um die Konjunkur wirklich in Schwung zu bringen. Nicola Liebert