Wer unterbreitet GenossInnen welchen Wahlvorschlag?

■ Prozedur der Mitgliederbefragung unklar

Bonn (taz) – Der SPD-Parteivorstand hat gestern abend über mögliche Verfahren der Mitgliederbeteiligung bei der Wahl der vakanten Posten nach dem Engholm-Rücktritt beraten. Nachdem sich bei der Präsidiumssitzung am Sonntag die Tendenz einer Mitgliederbefragung abgezeichnet hatte, mußten die Parteivorständler nun auch die möglichen Tücken dieses Projekts erörtern. Während sich Gehard Schröder, Bewerber um Parteivorsitz und Kanzlerkandidatur, mit mäßiger Begeisterung für eine Mitgliederbefragung ausgesprochen hatte, wandte sich die Parteilinke energisch dagegen. Dies komme einem „politischen Offenbarungseid“ gleich, meinte der Abgeordnete Horst Peter. Die parlamentarische Linke favorisiert einen Sonderparteitag vor der Sommerpause. Ansonsten hat eine Befragung der Mitgliedschaft, die wegen der Bestimmung von Parteiengesetz und SPD-Statut nur beratende Funktion haben könnte, zwar viele Befürworter, darunter auch Chef-Moderator und Interimsparteichef Johannes Rau. Wenig Aufklärung konnte die Parteidiskussion jedoch bislang zu der spannenden Frage liefern, wer eigentlich festlegt, wie der Stimmzettel für die Basisgenossinnen und -genossen eigentlich aussieht.

Unaufhörlich in Bewegung blieb das Kandidatenkarussell. Während Rau nach anderslautenden Interpretationen eines Interviews vom Sonntag gestern sagte: „Ich will die Karawane nicht mehr anführen“, setzten die Bewerber Scharping, Schröder, Wieczorek-Zeul und Schmidt den innerparteilichen Wahlkampf fort. Vor allem die Ost-SPD hatte Rau gedrängt, doch länger dabeizubleiben. Rau sei mit seiner Integrationskraft am besten geeignet, mit der gegenwärtig schwierigen Situation fertigzuwerden. Für die Kanzlerkandidatur favorisiert Brandenburg Rudolf Scharping. tib Seite 4