Teurer Alptraum um billiges Wohnen

Nach der Verhaftung der Geschäftsführung einer falschen Baugenossenschaft bangen Opfer um ihr Geld / Möglicherweise zweitausend Geschädigte und sechs Millionen Mark Schaden  ■ Von Gerd Nowakowski

Berlin. Die Versprechungen klangen bestechend: Für nur 36.000 Mark Eigenkapital sollte der Besitz eines eigenen Hauses winken. Doch der Traum dürfte für bis zu 2.000 Familien spätestens seit Montag zu einem Alptraum geworden sein – mit der bangen Frage: Wo ist mein Geld geblieben? Mit der Verhaftung von vier Mitarbeitern der Areal-Havelländischen Baugenossenschaft und der Dewobau-Baugenossenschaft wegen Betrugsverdachts beendete die Kripo offenbar ein böses Spiel mit der Hoffnung auf bezahlbaren Wohnraum. Die Mietergemeinschaft, die den Fall ins Rollen brachte, rechnet mit mindestens 1.500 bis 2.000 Opfern und einem Schaden von mindestens sechs Millionen Mark. Die Areal-Baugenossenschaft warb bis in die jüngste Zeit um Genossen – zeitweise auch auf der taz-Lokalprärie. Die Genossenschaft versprach, in drei bis fünf Jahren neuen Wohnraum zu bauen. Wer eine Vier-Zimmer-Wohnung haben wollte, mußte 30.000 Mark an Eigenleistung einzahlen, für ein Einfamilienhaus waren 36.000 Mark auf den Tisch zu legen. Ohne Risiko natürlich: Die Anteile sollten, so die schriftliche Versicherung, auf einem sogenannten „Notaranderkonto“ bei einem unabhängigen Anwalt untergebracht werden. Versprochen wurde ein lebenslanges Wohnrecht und die Vererbbarkeit der Anteile. Außerdem sollte bei einem Einfamilienhaus die Kaltmiete pro Quadratmeter Wohnfläche extrem günstige 15 bis 17 Mark betragen. Zu schön, um wahr zu sein, befand nicht nur der Genossenschaftsverband und verweigerte der Areal die Aufnahme. „Sehr sonderbare Verfahrensweisen“, konstatierte die Sprecherin des Genossenschaftsverbands, Frau Flur, bereits im Herbst letzten Jahres. Auch Bauexperten erklären die Kalkulationen für rundweg unrealistisch. Bei einem so geringen Eigenkapital von 36.000 Mark müsse ein Einfamilienhaus zu über neunzig Prozent durch Banken finanziert werden, rechnen sie knallhart vor: Allein die Zinsbelastung liege dann bei fast 30 Mark pro Quadratmeter Wohnfläche.

Erhebliches Mißtrauen ruft auch das abverlangte einmalige Eintrittsgeld hervor. Während dies beispielsweise bei der Baugenossenschaft „Moabiter Erbbauverein“ einhundert Mark beträgt, kassierte die Areal 2.520 Mark für angebliche Verwaltungskosten.

Tatsächlich hatte die Areal nach Erkenntnissen der Kripo wohl nie vor zu bauen. Jedenfalls erwarb die Areal lediglich zwei kleinere Grundstücke, die höchstens für zehn Einfamilienhäuser ausgereicht hätten. Und auch die angeblich sicher festgelegten Anteilsgelder müssen wohl abgeschrieben werden. „Wir wissen definitiv, daß die nicht auf ein Sperrkonto gegangen sind“, sagt der Geschäftsführer der Mietergemeinschaft, Gerhard Heß. Er erhebt zugleich Vorwürfe an die Polizei und den bayerischen Verband der Baugenossenschaften. Es sei „Teil des Skandals“ (Heß), daß die Kripo nicht schon zum Jahresbeginn zugegriffen habe, sondern die Ermittlungen so zögerlich betrieb, daß nun wohl das meiste Geld verloren sei. Der bayerische Genossenschaftsverband wiederum habe trotz Aufforderungen aus Berlin nichts getan, um die Machenschaften der in Augsburg angesiedelte Dewobau zu unterbinden. Diese ist personell mit der Areal verflochten und übernahm mindestens 1.000 Anteilszeichner, als die Areal keine Chance mehr für eine Anerkennung als Genossenschaft sah.

Bei der Areal selbst wird auf Zuversicht geflaggt. Alles werde sich aufklären, betont Mitarbeiter Jänisch. Ob das Geld noch vorhanden ist, kann er aber nicht bestätigen.