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■ StandbildBodenlos

„Sowieso“, Sonntag, ARD, 23.05 Uhr

Hubertus Meyer-Burckhardt ist begeistert. Inge Meysel in seiner neuen Show! Ganz vorne steht sie, in derselben Reihe wie die blonde Zuschauerin, die vergangene Woche vier Pfund Spargel in weniger als zwei Stunden geschält hat. Wahnsinn! Vorzustellen bräuchte man die Meysel ja nicht, findet Meyer-Burckhardt und spart sich die Zeit. Und – bei der Gelegenheit – die für ein richtiges Gespräch gleich mit.

Daß sie sich gegen Aids einsetzt, läßt er sich noch kurz von ihr bestätigen, und daß es ihr Spaß gemacht hat, bei ihm gewesen zu sein. „Eine Sendung lebt vom Themensprung“, behauptet er und hüpft los, ohne jemals festen Boden unter den Füßen zu erreichen.

Im Studio sitzt sich das Publikum in zwei Gruppen gegenüber und bildet eine Arena, die von allen Seiten einseh- und somit aufnehmbar ist. Eine Chance, die genutzt sein will: So darf die Kamera den Studiogast bei seinem Auftritt gleich zweimal um 360 Grad umrunden; zudem dreht sich noch die alberne hohle Weltkugel, aus der der Prominente entsteigt, der Gast selbst, vom Moderator mit einer leichten Rotation zum Platz geschubst, und der Magen des Fernsehzuschauers.

Den Vorwurf, beim Infotainment verdecke die Verpackung den Inhalt, haben die „Sowieso“-Macher ernstgenommen und jeglichen verdeckbaren Inhalt auf ein Minimum reduziert. Wir erfahren in einem 55-Sekunden-Gespräch, daß Klaus Kinkel farbenblind ist und schon sonntags Spiegel und Focus liest. Daß Gerhard Schröder keine Strumpfhalter benutzt. Und daß es einen Mann gibt, durch den die CDU in Hamburg „ein Problem hat“ (Meyer-Burckhardt): Markus Wegner, der vor Gericht erreicht hat, daß die Bürgerschaftswahl wiederholt werden muß, weil die Kandidatenkür der CDU nicht in Ordnung war. Der Moderator fragte knallhart nach: „Und dieses Nicht-in-Ordnung-sein, kann man dafür 'ne Überschrift finden? Also... ist getürkt worden?“ Jaaa, Herr Meyer-Burckhardt, jetzt haben Sie's! Und wie es genau passiert ist, können Sie ja nachlesen – in Ihrer Fernsehsendung ist halt etwas wenig Zeit dafür.

Meyer-Burckhardt hat erklärt, seine Sendung solle dem Unterhaltungsteil einer Illustrierten entsprechen, im Gegensatz zu „ZAK“, das eher den Informationsteil widerspiegele. Soweit es das Prinzip betrifft, sich weniger hochtrabenden Themen zu widmen, mag der Vergleich stimmen. Der Unterschied allerdings: Der Unterhaltungsteil von guten Illustrierten ist unterhaltsam. Stefan Niggemeier

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