„Das soll leise funktionieren“

■ Chinas Außenminister zu Gast bei Kinkel und Kohl

Bonn (taz) – Zum Auftakt seines dreitägigen Deutschlandbesuchs ist der chinesische Außenminister Qian Qichen gestern in Bonn mit Bundesaußenminister Klaus Kinkel (FDP) zu einem ersten Gespräch zusammengetroffen. Qian Qichen, der zuletzt im März 1992 in Bonn war, erwidert einen Besuch Kinkels in Peking im November. Heute trifft der Gast aus Peking, der auch das Amt eines stellvertretenden Ministerpräsidenten hat, mit Bundespräsident Richard von Weizsäcker, Bundeskanzler Helmut Kohl und SPD- Fraktionschef Hans-Ulrich Klose zusammen. Am Abend trifft er erneut Kinkel zu einem ausführlichen Gespräch. Am Donnerstag folgt ein Besuch in Rheinland- Pfalz, wo Qian Qichen von vom Vizeministerpräsidenten und Wirtschaftsminister Rainer Brüderle (FDP) empfangen wird.

Im Mittelpunkt der Gespräche soll die wirtschaftliche Zusammenarbeit zwischen Deutschland und China stehen. Trotz jüngster Berichte über Massenhinrichtungen in der südchinesischen Provinz Guangdong wollen die deutschen Gesprächspartner die Menschenrechtssituation eher am Rande ansprechen. Kinkel und Spranger wollen erneut, wie schon vor einem Jahr, konkrete Fälle inhaftierter Bürgerrechtler vorbringen. Kinkel will diese Fälle jedoch nicht an die große Glocke hängen. „Es soll leise funktionieren“, hieß es im Auswärtigen Amt. „Wir wollen ihn nicht vorführen.“ SPD-Fraktionschef Klose werde auch, hieß es, die Situation im von China besetzten Tibet zum Thema machen.

Die Bundesregierung hat, wie es im Auswärtigen Amt heißt, ein „hohes Interesse“ an einer engeren Zusammenarbeit mit China. In Bonn wird in erster Linie auf die Wirtschaftsreformen und das rasche Wachstum der chinesischen Volkswirtschaft verwiesen. Im Handel mit dem ostasiatischen Staat habe Deutschland ein „erkleckliches Defizit“. 1992 habe China Güter im Wert von 11,6 Milliarden Mark nach Deutschland exportiert, aus Deutschland aber nur für 5,7 Milliarden Mark importiert, heißt es. In den Gesprächen werde die Bundesregierung darauf drängen, „bürokratische Hindernisse“ für deutsche Einfuhren abzubauen.

Daneben setzt Kinkel auf eine stabilisierende Rolle Chinas in Ostasien. Bei den Gesprächen will er die Aufkündigung des Atomwaffensperrvertrags durch Nordkorea sowie die Lage in Kambodscha ansprechen. Auf die Roten Khmer habe, „wenn überhaupt, dann nur noch China Einfluß“, heißt es im Auswärtigen Amt.

Am Donnerstag wird Qian Qichen auch mit Entwicklungshilfeminister Carl-Dieter Spranger (CSU) zusammentreffen. Die deutsche Entwicklungshilfe für China hatte der Bundestag nach dem Massaker auf dem Tiananmen zunächst ausgesetzt und bis Ende letzten Jahres limitiert. Jetzt will Spranger erneut auch Infrastrukturprojekte fördern. In diesem Jahr sollen 231 Millionen Mark Entwicklungshilfegelder nach China fließen. Hmt