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Weisung korrigiert

■ Innenstaatssekretär Jäger im Ausländerausschuß: Doch keine Abschiebehaft für Schwangere, Kinder und Alte

Berlin. Die von der taz publik gemachte „Mitteilung“ innerhalb der Ausländerbehörde, wonach Schwangere, Mütter mit Kleinkindern und alte Menschen im Gegensatz zu früher abgeschoben werden dürfen, ist von der Senatsverwaltung für Inneres korrigiert worden. Es sei eine „allgemeine Anweisung“ an die Mitarbeiter ergangen, diese Gruppen „nicht in Abschiebehaft zu nehmen“, berichtete Innenstaatssekretär Armin Jäger (CDU) gestern im Ausländerausschuß des Parlaments.

Das Thema hatte der SPD-Abgeordnete Eckhardt Barthel eingebracht, der an den mühsam erkämpften und in Abstufungen seit 1984 geltenden Abschiebestopp für werdende Mütter erinnerte: „In Berlin sind wir im Hinblick auf Schwangere sehr sensibel.“ Die behördeninterne Weisung habe deshalb „zumindest große Irritationen hervorgerufen“. Als er sich sodann bei Heckelmanns Untergebenen nach dem Ukas erkundigt habe, mußte er hören, daß es „so nicht gemeint“ war. „Weiß die Innenbehörde eigentlich immer, was die Ausländerbehörde macht?“

„Ja und nein“, denn letztere sei ein nachgeordnetes Amt, war die Antwort des Staatssekretärs. Die Verwirrung sei auch dadurch entstanden, glaubte Jäger, daß zwischen der vom neuen Ausländergesetz auf maximal sechs Monate befristeten „Ausreisepflicht“ für AusländerInnen ohne legalen Aufenthaltsstatus und der „Durchsetzung dieser Pflicht“ nicht getrennt worden sei. Letztere kann die Staatsgewalt mit zwei Möglichkeiten erzwingen: per Abschiebehaft, die jeweils mit der Innenbehörde abgesprochen werden muß, oder per Direktabschiebung, für die die Betroffenen nur kurzzeitig in Polizeihaft genommen werden dürfen. Heckelmanns CDU- Amtsvorgänger hatten jedoch darauf hingewirkt, wie es unter anderem in der Weisung 316 aus dem Jahr 1988 heißt, daß „Mütter mit Kleinkindern, Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren sowie lebensältere Ausländer (Ausländer, die das 60. Lebensjahr vollendet haben)... grundsätzlich nicht in Abschiebungshaft genommen werden“. Somit blieb der Ausländerpolizei nur der Weg der Direktabschiebung. Diese aber wurde in all den Jahren wegen der damit verbundenen Schwierigkeiten faktisch nicht praktiziert: Ein abzuschiebendes Kind beispielsweise hätte von Hilfsorganisationen umständlich abgeholt werden müssen.

Im April jedoch wollte die Ausländerbehörde auch den zweiten Abschiebeweg wieder freischaufeln: Die „Mitteilung“ hob die zitierte Weisung Nummer 316 und somit das Verbot der Inhaftierung von Schwangeren, Kindern und Greisen auf. Dem folgte jetzt die Aufhebung der Aufhebung, der alte Zustand ist wiederhergestellt. Offen bleibt nur, ob Direktabschiebungen anders als früher auch durchgeführt werden. usche

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