Pflege: FDP deutet „Teillösung“ an

■ Koalitionsgespräch zu Pflegeversicherung ohne Ergebnis / Wirtschaftsverbände geschlossen gegen Blüms Umlagemodell

Bonn (AP/dpa/taz) – Die Bonner Koalition von CDU, CSU und FDP hat sich immer noch nicht über die geplante Einführung einer Pflegeversicherung einigen können. Ein Koalitionsgespräch am Mittwoch bei Bundeskanzler Helmut Kohl blieb ohne Ergebnis, wie der Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Hermann Otto Solms, danach deutlich machte.

Der Streit zwischen Union und FDP geht nach wie vor um die im Grundsatz vereinbarte Kompensation des Arbeitgeberanteils an den Kosten der Pflegeversicherung. Solms betonte, die FDP wolle die Situation der Pflegebedürftigen „da wo es notwendig ist“ verbessern. Die Versicherung müsse aber im Rahmen des volkswirtschaftlich Vertretbaren bleiben, und die Rahmendaten hätten sich seit dem Grundsatzbeschluß vom vergangenen Sommer dramatisch verschlechtert.

Solms deutete die Möglichkeit einer Teillösung an. Zwischen Nichts und Allem sei „ein weites Feld“. Er rückte zugleich von dem von Bundesarbeitsminister Norbert Blüm und der Union genannten Termin Pfingsten ab, bis zu dem der Gesetzentwurf vorliegen sollte. Er sei zuversichtlich, daß die Koalition „jetzt in absehbarer Zeit“ ein gemeinsames Ergebnis erzielen werde, sagte Solms.

Die Pflegeversicherung soll unter anderem durch einen Karenztag finanziert werden. Einsparungen verspricht man sich auch von schärferen Überprüfungen des „Krankfeierns“ durch die Krankenkassen.

Die führenden Wirtschaftsverbände haben die geplante Pflegeversicherung gestern geschlossen abgelehnt. Sie sprachen sich erneut gegen das Modell von Bundesarbeitsminister Blüm (CDU) aus. Die weitere Belastung der Arbeitskosten durch ein Umlagemodell mit Arbeitgeber- und Arbeitnehmerbeiträgen sei prinzipiell falsch und zum gegenwärtigen Zeitpunkt erst recht, so die Begründung des Arbeitgeberpräsidenten Klaus Murmann. Der Präsident des Bundesverbandes der Deutschen Industrie, BDI, Tyll Necker, meinte, die Einführung einer solchen Versicherung würde von der Wirtschaft als „klare Kampfansage“ gesehen. Necker bezweifelte, ob ein Beitragssatz von 1,7 Prozentpunkten auf absehbare Zeit ausreiche. Die zweistelligen Beitragssätze, die in Horrorszenarien der Wirtschaft für das kommende Jahrzehnt berechnet werden, sind jedoch ebenfalls strittig.

Die Wirtschaftsvertreter räumten zwar die Notwendigkeit einer Pflegeversicherung ein, jedoch solle sich jeder privat versichern. Das Bundesministerium für Arbeit hat auf die Äußerungen scharf reagiert. Der Parlamentarische Staatssekretär im Arbeitsministerium Rudolf Kraus (CSU), meinte, die Wirtschaftsvertreter verabschiedeten sich damit „endgültig aus dem Kreis der seriösen sozialpolitischen Gesprächspartner“.