■ Das Portrait
: Mate Boban

Foto: Reuter

Um große Worte war er nie verlegen. Im vorigen Oktober erklärte Mate Boban, selbsternannter Präsident der kroatischen Republik „Herzeg-Bosnia“, in „seiner Hauptstadt“ Mostar: Der „Fundamentalist“ Alija Izetbegović gehöre als Präsident Bosniens auf der Stelle abgewählt. Denn während in Mostar der serbische Aggressor durch den „Kampfesmut“ seiner kroatischen Verbände in die Flucht geschlagen worden sei, seien die Muslime in Sarajevo unfähig, ihre Hauptstadt zu befreien. Boban machte damals den durchaus ernst gemeinten Vorschlag, den Regierungssitz von Sarajevo in die Kroatenhochburg Mostar zu verlegen und ihn zum Präsidenten eines „neuen Bosnien“ zu küren. Schon damals argumentierte der Kroatenführer aus der Position der militärischen Stärke. Geflissentlich unterschlug er, daß die Serben aus Mostar nur dank massiver militärischer Rückendeckung aus Zagreb vertrieben werden konnten. Und auch illegale Waffentransporte, die eigentlich für Sarajevo bestimmt waren, wurden von seinen Leuten grundsätzlich abgefangen.

Der 52jährige Schullehrer Boban war bis Ausbruch des bosnischen Krieges vor einem Jahr ein unbeschriebenes Blatt. In den ersten Kriegstagen gelang es ihm jedoch, eine kroatische Elitetruppe im Hinterland von Dubrovnik aufzustellen. Während die Serben Sarajevo einkesselten und im Norden der Republik Geländegewinne verzeichnen konnten, leisteten seine Leute im Süden erbitterten Widerstand. Den militärischen Erfolg schlachtete Boban mit geschicktem Gespür aus. Den demokratisch gewählten Kroatenführer für Bosnien, Stjepan Klujic, ließ er in dessen Abwesenheit absetzen, um wenige Tage später, am 25. Mai, die Republik „Herzeg-Bosnia“ auszurufen. Ein Coup, der nur mit Rückendeckung Zagrebs gelang, das damit indirekt der Regierung in Sarajevo in den Rücken fiel.

Doch für Kroatiens Präsident Franjo Tudjman war Boban der bessere Statthalter, in der regierungsnahen Presse wird Klujic seitdem als „Muslimfreund“ verunglimpft, der an der „Utopie eines zentralistischen Bosnien“ festhalte. In Bosnien stellt man sich daher die Frage, ob für die derzeitigen „ethnischen Säuberungen“ in Mostar nicht nur Boban, sondern auch Tudjman die Verantwortung trägt. Karl Gersuny