Sturzflug der Pesete im Wahlkampf

■ EWS-Währungsausschuß berät über erneute Abwertung Schlappe für Spaniens Ministerpräsident Felipe Gonzalez

Madrid/Brüssel (dpa/taz) – Mit dem neuen Sturzflug der spanischen Pesete mitten im Wahlkampf für die vorgezogenen Parlamentswahlen am 6. Juni muß die sozialistische Regierung von Felipe Gonzalez eine Schlappe hinnehmen. Die spanische Pesete geriet gestern innerhalb des Europäischen Währungssystems (EWS) derart unter Druck, daß der Währungsausschuß auf Antrag der Bank von Spanien über eine Abwertung beriet. Mit in den Abwertungsstrudel wurde der Escudo gerissen.

Zuletzt waren beide Währungen am 23. November 1992 um je sechs Prozent abgewertet worden, die Peseta zuvor schon am 17. September um fünf Prozent. An der Devisenbörse wurde das amtliche Fixing für beide Devisen gestern ausgesetzt, bis der Währungausschuß eine Entscheidung getroffen hat. Die bisher geltenden Kursspannen beider Währungen im EWS sind 1,294 bis 1,459 Mark je 100 Peseten sowie 1,018 bis 1,148 Mark je 100 Escudos.

Alle Versuche des spanischen Wirtschaftsminister Carlos Solchaga, eine neue Anpassungsrunde für die Pesete auf einen Zeitpunkt nach dem Wahlabend zu verschieben, sind damit gescheitert. Die Stützungskäufe der Bank von Spanien haben das Devisenpolster derart schrumpfen lassen, das die Schmerzgrenze erreicht schien. Durch die Interventionen sind die Devisenbestände seit Herbst 1992 um rund die Hälfte auf nur noch 44,4 Milliarden US- Dollar Ende April dezimiert worden. „Wenn die Spekulationen gegen die Pesete so weitergegangen wären, hätte Spanien am 6. Juni vielleicht ohne Devisenreserven dagestanden“, meinte ein Händler.

Zur Rettung der vermeintlichen Stabilität der Pesete hatte Solchaga wiederholt eine Senkung der Leitzinsen von 13 Prozent abgelehnt, nachdem, angeführt von der Bundesbank, die übrigen EG- Partner den Geldpreis verringerten. Die in Europa im Spitzenfeld liegenden Zinssätze haben jedoch die Rezession so verschärft, daß sich der Minister aus der Klemme befreien mußte. Als Ausweg kam da nur die erneute Abwertung der Peseta in Frage.

Denn Spaniens Wirtschaftswunder nach dem EG-Beitritt 1986 ist seit rund sechs Monaten einer rasanten Talfahrt gewichen, und die Rezession hat offenbar ihren Tiefpunkt noch nicht erreicht. 1992 wuchs die Wirtschaft noch um 1,1 Prozent, in diesem Jahr erwarten unabhängige Experten eine Stagnation. Die Arbeitslosenquote schnellte auf 20 Prozent.