GUS: Wer will welche Währung?

■ Nachdem das kleine Kirgistan diese Woche den Som als nationale Währung eingeführt hat, treffensich die zehn GUS-Präsidenten heute zum geldpolitischen Sondergipfel in Moskau

Berlin/Moskau (taz/dpa/AFP) – Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat eine neue Währung anerkannt: den kirgisischen Som. Als erstes früheres Ostblockland bekommt die ehemalige Sowjetrepublik Kirgistan einen Kredit aus dem neuen Fonds für den Übergang zur Marktwirtschaft. Aus der „System-Übergangs-Fazilität“ – jenem Topf, aus dem der IWF seit April an ehemalige Sowjetrepubliken Kredite zu leichteren als den üblichen Bedingungen auszahlen kann – bewilligte der IWF-Verwaltungsrat 62 Milionen Dollar zur Stützung der nationalen Währung.

Einen weiteren Kredit in der gleichen Höhe soll das kleine Gebirgsland (4,7 Millionen EinwohnerInnen), das in Zentralasien zwischen Kasachstan, Usbekistan, Tadschikistan und China liegt, im September abrufen können. Außerdem will der IWF Kirgistan einen Bereitschaftskredit über 39 Millionen Dollar bewilligen. Bis gestern abend wollte die kirgisische Regierung unter Präsident Askar Akajew den Umtausch der Rubel in Som (zum offiziellen Kurs von 200:1) bewerkstelligt haben. Der russische Präsident Boris Jelzin und der kasachische Regierungschef Nursultan Nasarbajew haben nach Beginn der Umtauschaktion am Montag für heute in Moskau die Präsidenten der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten (GUS) zum Sondergipfel einberufen, um über die Wirtschafts- und Währungspolitik der GUS zu beraten. Auch der ukrainische Präsident Leonid Krawtschuk, dessen Land als erstes GUS-Land die Rubelzone verlassen hatte, sagte seine Teilnahme zu.

Sein Sprecher Wladimir Schljaposchnikow sagte gestern, die Ukraine sei sehr an der Schaffung einer Wirtschaftsunion der ehemaligen Sowjetunion interessiert. Der Grund: Nachdem sich die Hoffnungen der Ukraine auf Unterstützung durch den Westen nicht erfüllt haben, hat die ukrainische Industrielobby im Verein mit konservativen Abgeordneten den Druck auf Krawtschuk verstärkt, die unterbrochenen Wirtschaftsbeziehungen zu den Ex-Sowjetrepubliken wieder aufzunehmen.

Einen Beschluß, den zwischenstaatlichen Handel zu stärken, hatten die GUS-Präsidenten bereits auf ihrem Gipfel im Januar in der weißrussischen Hauptstadt Minsk gefaßt und die Gründung einer Gemeinschaftsbank verabredet. Die Gemeinschaftsbank soll den zwischenstaatlichen Handel wiederbeleben, die Währungs- und Kreditpolitik der GUS-Länder koordinieren und die Rubelzone zumindest kurzfristig bewahren helfen. Ausdrücklich sollen auch GUS-Länder mit eigener Währung (damals nur die Ukraine) teilnehmen. Im Aufsichtsrat der Bank wird Rußland die Hälfte der Stimmen halten, das Startkapital soll 50 Milliarden Rubel betragen.

Die russische Zentralbank wertete die Einführung des Som vorsichtig als „Behelfslösung“ und nicht als Austritt aus der Rubelzone, wie ihr stellvertretender Leiter Alexander Chondrujew gegenüber der Nachrichtenagentur Itar- Tass sagte. Grund sei der Mangel an Rubelbargeld in Kirgistan.

Die KirgisInnen brachen angesichts ihrer neuen Nationalwährung keinesfalls in Jubel aus: Sie kauften für ihre letzten Rubel lieber langlebige Luxusgüter als sie in Som umzutauschen. Die Preise stiegen seit dem Wochenende um 30 Prozent, der Dollar kostete in der Hauptstadt Bischkek gar 1.000 Rubel, während er in Moskau für 859 Rubel gehandelt wurde.

Kirgistan, das schon den Einzelhandel privatisiert und die Preiskontrolle für die meisten Waren abgeschafft hat, will laut IWF 1993 den Produktionsrückgang auf weniger als 17 Prozent (1992: minus 25 Prozent) begrenzen, die monatliche Inflationsrate unter zehn Prozent drücken und Devisenreserven ansammeln. Das Land mit seinen 4,7 Millionen EinwohnerInnen litt 1992 besonders unter scharf gestiegenen Kosten für Ölimporte, dem Verlust traditioneller Handelsmärkte und dem unwirksamen Zahlungssystem innerhalb der Ex- Sowjetunion. Donata Riedel