UNO baut auf Deutsche

■ Interview mit Admiral Jonathan Howe, UN-Sonderbeauftragter für Somalia

taz: Halten Sie es für realistisch, daß in Somalia in zwei Jahren Wahlen stattfinden können?

Admiral Howe: Ja. Außerdem haben sich die somalischen Repräsentanten selbst darauf verständigt. Wir stehen am Anfang eines schwierigen Prozesses, in dessen Verlauf Distrikt-, Regional- und schließlich nationale Übergangsräte gebildet werden müssen. Ich denke, daß die Bemühungen um den Wiederaufbau, die Entwaffnung, die Verringerung der UN- Militärpräsenz, daß all das in zwei Jahren zu schaffen ist. Allerdings brauchen wir dafür die Kooperation des somalischen Volkes.

Nun befinden sich dem Vernehmen nach die meisten schweren Waffen in Gebieten, in denen es keine UNO-Soldaten gibt. Wollen Sie die UN-Militärpräsenz auf weitere Regionen ausdehnen?

Wir beabsichtigen, große Anstrengungen im Bereich der allgemeinen Entwaffnung zu unternehmen, und ich bin überzeugt, daß wir überall präsent sein werden, wo es gewünscht oder notwendig ist. Unser Mandat umfaßt ganz Somalia. Sobald wir genug Streitkräfte hier haben – wie die deutschen und andere, von denen wir hoffen, daß sie kommen –, werden wir hier Entscheidungen treffen.

Geht Ihnen dabei nicht auf die Nerven, daß die Deutschen Bedingungen stellen?

Nein. Ich bin sehr froh, daß die Deutschen kommen – unter welchen Bedingungen auch immer. Weil ich weiß, daß sie gute Arbeit leisten werden und ich mich auf sie verlassen kann. Je mehr Flexibilität uns die Bundesregierung in diesem Zusammenhang zugesteht, desto besser ist es natürlich.

Kann man Somalia eigentlich noch als souveränen Staat bezeichnen?

Natürlich ist es ein souveräner Staat, es ist nur so, daß die Bevölkerung gegenwärtig keine Kontrolle hat. Aber mit der Hilfe der UNO wird es bald eine verantwortliche Kraft geben, mit der wir arbeiten, um dem Volk zu helfen, die Kontrolle wiederzuerlangen.

Wäre es nicht realistischer, Somalia als UN-Protektorat zu bezeichnen?

Ich würde es unter keinen Umständen ein Protektorat nennen. Die UNO ist hier, um den Wiederaufbau bürgerlicher Institutionen und der Wirtschaft zu ermöglichen, um beim Aufbau von Sicherheitseinrichtungen zu helfen. Beispielsweise der Polizei — wo wir auf die deutsche Hilfe bauen. Und um ganz allgemein dazu beizutragen, daß am Ende dieses Übergangsprozesses von zwei Jahren eine repräsentative Regierung dasteht.

Wäre es auch möglich, daß es zwei Regierungen gibt, daß also die bislang international nicht anerkannte Sezession der „Republik Somaliland“ akzeptiert wird?

Alles ist möglich. Es ist viel zu früh, dazu etwas zu sagen. Die UNO diktiert der Bevölkerung Somalias nicht, was am Schluß der Übergangsperiode herauskommen soll. Wir sind nur hier, um einen fairen und repräsentativen Prozeß zu ermöglichen. Interview: Bettina Gaus