Atemnöte der städtischen Radler

■ Atemschutzmasken sind der Renner bei Hamburger Fahrradfahrern / Wirksamkeit umstritten

Poppig grün, giftig gelb oder schreiend pink — im fröhlichsten Design kommen die neuen Atemschutzmasken für Radler und Jogger daher. Nichts erinnert mehr ans düstere Bankräuber-Outfit oder läßt an Giftgasangriffe denken. Ganz harmlos wirken sie dort mitten im Gesicht der TrägerInnen. Doch schützen sie tatsächlich vor Autoabgasen und sonstigen Schadstoffen der Hamburger Großstadtluft?

Nichts Genaues weiß man nicht: Die Gesundheitsbehörde gibt vorsichtshalber keinen Rat für oder wider die Maske, der Handel macht gute Umsätze, und die Mehrzahl der Berufsradler benutzt sie — rein gefühlsmäßig. „Der Kohlefilter ist nach drei bis vier Tagen schwarz“, erzählen die Profis von den Fahrradkurieren. Dieser Aktivkohlefilter soll die Lungen vor Schadstoffen wie Blei, Stickoxiden oder Kohlenwasserstoffen schützen. Irene Tesseraux, Toxikologin in der Gesundheitsbehörde, ist skeptisch: „Es gibt keine Untersuchungen, ob das zulässige Masken sind. Jede Maske behindert die Atmung.“

Beim Arbeitsschutz sei beispielsweise eine individuelle Untersuchung vor dem Tragen einer Schutzmaske vorgeschrieben. Auch Thorsten Prinzlin vom Allgemeinen Deutschen Fahrradclub (ADFC) glaubt nicht an den perfekten Schutz: „Die Dinger sind so klein. Es sind wohl meist eher Staubmasken, die lediglich Ruß- und Schwebeteilchen abhalten können.“

Der Nachfrage ist jedoch groß. „Wir verkaufen bis zu zehn Stück pro Tag“, erzählt Frank Becker im

1Winterhuder Fahrradladen „Pirate“. Er bevorzugt eine spezielle Maske mit zwei statt nur einem Auslaßventil. „Das Problem bei solchen Masken ist das Ausatmen“, sagt Becker, „man atmet ja Kohlendioxid aus, und je mehr man sich körperlich anstrengt, desto schneller atmet man ein und aus.“ Die Folge unzureichender Atemluft- Entsorgung: Sauerstoffmangel wegen des Kohlendioxids und — weniger gefährlich, aber lästig — unter der Maske gerät der Träger durch den ausgeatmeten Wasserdampf arg ins Schwitzen. Für Sportler gibt's sogar spezielle

1Sportventile — die sind größer und erinnern stark an Froschbacken.

„Diese Masken sind auf jeden Fall eine Maßnahme, die aufmerksam macht“, sagt Irene Tesseraux. Die Hauptbelastung der Luft — vor allem mit Stickstoffdioxid und dem krebserregenden Benzol — käme eindeutig aus dem Auto. „Tempo 30 und einspuriger Autoverkehr wie in der Stresemannstraße sind dringend notwendig.“

Genaue Untersuchungen über die Auswirkungen der Schadstoffe auf die Verkehrsteilnehmer gibt es bislang nur aus Wien und Skandinavien. Die haben ergeben, daß der

1Autofahrer selbst in seinem kleinen Fahrerkabuff am stärksten gefährdet ist. Während Fußgänger und Radfahrer immer stärker vergiftet werden, je näher sie an der Schadstoffquelle Auto sind, atmet der Fahrer den größten Mief ein. Die Lüftungen bewirken durch ihren Ansaugeffekt eher eine Luftverschlechterung.

Der Rat der Gesundheitsbehörde an Hamburgs Radler ist bescheiden und kostenlos: „Dem subjektiven Empfinden folgen, und bei starkem Autoverkehr nicht mitten auf der Straße fahren“. Katrin Wienefeld