Village Voice
: Wah-Wah!

■ Der Erstling von Rosegarden

Eins machen Rosegarden auf ihrer selbstbetitelten und mit 37 Minuten recht kurz geratenen Debüt-CD von der ersten Sekunde an deutlich: Der Gitarrist hat sich ein Wah-Wah-Pedal zugelegt, und er ist wild entschlossen, es auch zu benutzen. Abgesehen vom inflationären Gebrauch dieses Effektgeräts, der einen den Staub, der schon seit längerem auf der Idee liegt, schmecken läßt – abgesehen davon, klingt es wirklich nett. Bei Wah-Wah fallen natürlich sofort Soundgarden, Pearl Jam und Konsorten, wenn nicht sogar Free oder Led Zep ins Gedächtnis, was vor schätzungsweise vier Jahren ja auch noch eine richtungweisende Assoziation gewesen wäre. Im Zeitalter des Post-Grunge ist es das – leider – definitiv nicht mehr.

Aber, wie bereits erwähnt, Rosegardens Erste klingt doch nett. Irgendwo, vielleicht tief drinnen. Vor allem, weil sie nicht auf Rocker komm raus das amerikanische Lederstehaufmännchen imitieren, sondern öfters ihre eigenen Folkwurzeln oder auch die englische Jungmännerbetroffenheit ins Wah- Wah (auch wenn kein Wah- Wah da ist, hört es sich an wie Wah-Wah) einbauen.

Diese unheilige Verbindung lösen Rosegarden in schierem Waber auf. Da menschelt es dann sehr betroffen im Gesang, bei dem mir persönlich – Asche, Asche auf mein Haupt – auch schon mal Barclay James Harvest aufstößt. Dahinter dann das wahlweise vorhandene oder stimmungsmäßige Wah-Wah, auch wenn ich mich da wiederhole. Das Gewabere wird äußerst wenig variiert, nur die Gesangslinien mutieren zwischen weniger getragen und noch mehr getragen. Auf Dauer ergibt das eine Wirkung, die man psychedelisch nannte in Zeiten, in denen in solchen Kreisen noch gesundheitsschädigende Substanzen genommen wurden.

Auch ohne daß das Tempo (in exakten Beats per Minute gemessen) nachlassen würde, ergibt sich beim Durchhören ein Effekt, der den Lauscher sich am Grunde eines geleerten Whiskey-Glases in Reichweite eines wohl gefüllten Aschenbechers wiederfinden läßt. Das korrespondiert dann wiederum mit den kleinen Soundexperimenten, die gemeinhin so anfallen, wenn hoffnungsvollen Musikanten zuviel Studiozeit eingeräumt wird, und die sogar einen eigenen 47sekündigen Platz namens „Ship of Fools“ gefunden haben. Waber halt, aber ich wiederhole mich wirklich. Thomas Winkler

Rosegarden: „Rosegarden“. Marsyas-Records, Willibald- Alexis-Straße 20, 1-61, Tel.: 692 92 70