Taschengeld im Knax-Club

■ Banken buhlen um das Taschengeld der Teenies

Ja, öffne sie nur, die Sparkassen- Türe. Nicht so zögerlich, hier bei uns im Knax-Club brauchst Du doch keine Angst zu haben! Klar, sie erwarten Dich schon: Steuerbert und Backbert, die Seebären und der Schreiber Gantenkiel, Pierre Kattun, der Schneider und natürlich auch Pomm-Fritz und Pomm-Friedel, die Bauersleute. Niemals werden sie es zulassen, daß die hinterlistigen Fetzensteiner uns den Schatz abjagen. Und Du weißt doch: „Der Schatz, der Gold wert ist, heißt Sparkassenbuch.“

Geld beflügelt die Phantasie. Und dafür hat sich die Kreditanstalt mit dem roten S eine gestrichelte Welt ausgedacht, dem Erfolgsmuster des Gallier-Comics „Asterix“ frei nachempfunden. Damit die Kunden von morgen erwartungsvoll lächelnd ihre Sparschweine schlachten und dessen klimpernden Innereien gegen ein Juniorsparschwein eintauschen. Deshalb weiß auch die Deutsche Bank: „Schwein muß man nicht haben“, sondern besser Das Junge Konto für die etwas Älteren, natürlich ein Giro mit Servicekarte.

Fast jeder dritte Schüler unter 15 wickelt heutzutage seine Geldgeschäfte vom Abheben des Taschengeldes bis zum Einzahlen der Ferienjob-Knete über ein Girokonto ab. Bundesweit sind das Milliardenbeträge.

Was Wunder, daß jedes Geldinstitut es am liebsten sähe, wenn die heranwachsende Klientel schon auf dem Wickeltischchen mit ihrem Banken-Logo vor Augen großgesäugt wird. Finanzielle Partnerschaft fürs Leben. Mehr als 150 Millionen Mark stecken deshalb die Bänker alljährlich in Werbekampagnen, um die Geldbeutelinhalte der Youngsters in Bildschirmguthaben und Kontoauszüge zu überführen. Von der Fernsehreklame über Plakatwände bis zum Kinowerbespot.

Dabei wird unter den Kindern und Jugendlichen das große „Wir- Gefühl“ hervorgekitzelt. Die Knax-Club-Szene lebt. Gleich hinter dem knalligen Aufmacher im Sparkassen-Comic mit seiner „splash-woosch-haha“-Bilderwelt, wo sich alles um den Mammon dreht, locken Kontaktanzeigen. Grundschüler stellen ihre Vorlieben vom Bänderknüpfen bis zum Faulenzen vor. Ein exklusiver Zirkel, dessen Klub-Karte („Aber rechtzeitig in der Sparkassenfiliale vorbestellen!“) Zugang zum Kinderzirkus und „den geheimnisvollen Wesen im Zauberwald Taborka“ verschafft.

Da kann Sumsi, die großäugige und goldfarbene Biene von der Berliner Volksbank, schon schwer einen Stich machen. Das Nachfolgemodell der Fernsehbiene Maja aus dem „Internationalen Magazin für unsere jungen Kunden“ gibt als nettes und naturempfindsames Tierchen besonders gerne Umwelttips.

Wem das jeweilige gelbe, grüne oder blaue Banken-Ambiente von Kindesbeinen an geläufig ist, der nimmt mit Urvertrauen sein Scheckbuch vom altbekannten Finanzmentoren entgegen. Hierin liegt denn auch das eigentliche Kalkül. Nicht die 100- oder 1.000-Mark-Guthaben der Teenies, sondern das 10-, 20-, und auch 100fache der späteren Berufstätigen sind interessant. Der Kuchen heißt privates Geldvermögen, und er ist in Deutschland drei Billionen Mark groß.

So werden dem künftigen Bankkunden goldene Brücken bis zu Zinssparen und Dispokredit gebaut. Einer, der das tut, heißt Goldi, der Goldhamster von der Commerzbank. Mit seinem Kindersparbuch – drei Prozent Zinsen – will er den Umgang mit Geld lehren. Damit die Lütten ihren Lehrmeister auch mal streicheln können, gibt es ihn als Steiff-Tier im gelben Overall – für 59 Mark mit Commerzbank-Signet. Sie brauchen nur das Gehamsterte vom Goldi-Sparbuch abheben.

Hat der eingeübte Junior endlich jenes Alter wie der überschwengliche Azubi auf dem Werbeposter der Berliner Bank erreicht – Perllächeln, Blütenweste, Daumen hoch –, dann ist der Weg frei für ein Konto mit Dispo. Ab 18 werden für Girokonten von Auszubildenden und Studenten zwar meist keine Zinsen mehr gezahlt, dafür sind die Kontoführungsgebühren frei und die Daueraufträge umsonst. Die Deutsche Bank etwa bietet Überziehungsspielräume bis zu 2.000 DM. Und das, obwohl fünf Prozent der 18 bis 25jährigen „hoffnungslos überschuldet“ sind, wie der Spiegel meldet. Doch die Ausfälle der Bänker bleiben gering, weil fast immer die lieben Angehörigen einspringen.

Sind schließlich die Schlachten an der Kreditlinie erfolgreich geschlagen und klappert der Nachwuchs nervend mit seiner halbvollen Plastiksparbüchse, schließen sich die Kreise. Dann kann es wie neulich in der Sparkassenfiliale am Ku'damm heißen: „Wie alt ist Ihr Junge? Sechs? Ja, dann schicken Sie den Kleinen mal bei uns vorbei.“ Den Kartenschlitz für den Geldautomaten im Knax-Club erreicht der Bengel jedenfalls schon, ohne sich auf Zehenspitzen zu stellen. Thomas Worm