■ bonn apart
: Sitzungshierarchie

Auch über das Positive unserer Demokratie sollte gelegentlich berichet werden. So steht außer Frage: Sie haben sich stets viel Mühe gegeben, die amtlich Berufenen, die regierenden Politiker zu kontrollieren. Weil in diesem Land über alles Statistiken geführt wird, wissen wir, daß der Bundestag und seine Ausschüsse im vergangenen Jahr 1284 Sitzungen aller Art – Plenardebatten, Anhörungen, Ausschußberatungen – absolviert haben, um Gesetze zu wälzen, Ungeklärtes aufzudecken, Minister zu befragen. Sage keiner, das wäre sinnlos versessene Zeit. In der letzten Legislaturperiode sind immerhin 64,2 Prozent aller Gesetze durch Ausschüsse verändert worden. Ob es Verbesserungen waren, erschließt sich nicht, denn die Statistik ist blind für Inhalte. Doch würden wir uns auch im rein quantitativen Bereich vertiefende Auskünfte wünschen. Könnte die Zahl von Sitzungsstunden pro Abgeordneter nicht Anhaltspunkte für eine leistungsbezogene Abgeordnetenbezahlung geben, die über das bescheidene Regulativ der Sitzungsgelder hinausgeht? Steht doch offensichtlich die Frequenz der Ausschußsitzungen in eindeutiger Relation zum politischen Gewicht ihrer Arbeit: Sportausschuß 13 Sitzungen, Außen 29, Recht 32.

Doch das dürfen wirklich nur Anhaltspunkte sein. Denn im Ganzen bleibt die Kontrolle der Kontrolleure ein unlösbares Problem der Demokratie. Politisch unterliegt die volksvertretende Abteilung der politischen Klasse zwar ebenso der Aufsicht durch die Presse wie die regierende. Wie aber ist betriebswirtschaftlich in den Griff zu bekommen, daß nicht jede Sitzung Ergebnisse, nicht jede Anhörung Qualität liefert? Verraten nicht Überschriften wie „Asylbewerber dürfen Erbstücke behalten“, daß sogar das hochoffizielle Parlamentsorgan „die woche im bundestag“ nicht jede Ausschußsitzung ernst nehmen kann. Verdienstvoll ist hingegen, daß wir nur wegen des Postausschusses wissen, was den Postminister umtreibt. Aus dem Auschuß wird nämlich berichtet: „Bötsch wies darauf hin, daß sowohl das Gewicht als auch das Format der Briefe die Gebühren bestimmen...“

Ein krasses Beispiel für das Effizienzproblem ist und bleibt die Verfassungskommission. Der niedrige Output steht in deutlichem Widerspruch zu den 700.000 Eingaben, die von BürgerInnen an die Kommission gerichtet wurden. Tissy Bruns