"Peter, ich weiß wie Dir jetzt zumute ist"

■ Mitleid mit Peter Neuruhrer nach dem 2:0-Sieg des HSV gegen Saarbrücken / Benno Möhlmann taten die Zuschauer leid

gegen Saarbrücken / Benno Möhlmann taten die Zuschauer leid

Die portionierte Kaffeesahne im HSV-Pressetreff war so sauer, daß sie sich zu Joghurt verdickte. Ganz ähnlich erging es Heimtrainer Benno Möhlmann Sonnabend Nachmittag.

Der Elbcoach wurde am Volkspark bereits zum dritten Mal in Folge von seiner gnadenlosen Equipe gequält, die, überflüssig und harmlos wie Schuppen den FC Saarbrücken berieselte. Die Saarländer agierten ähnlich flechtig. So ist es eben, wenn die Nummer elf der Tabelle auf die Nummer 15 trifft. 0:0 stand es zur Halbzeit, vor der beide Keeper kein einziges Mal Gelegenheit bekamen, ihrer Arbeit vernünftig nachzugehen. 13 200 ZuschauerInnen, unter ihnen 30 Hardliner vom Ludwigspark (Stadionsprecher Carlo von Tiedemann: „Thomas Schal aus Saarbrücken ist soeben Vater eines Sohnes geworden“) buhten und pfiffen beleidigt.

Die Gäste um american darling Eric Wynalda ließen die Hamburger auch in der zweiten Hälfte ins Abseits laufen, hofften auf Konter und ignorierten das Mittelfeld zur Gänze. „Konzept-wozu?“ wiederholten die Rot-weißen daraufhin gebetsmühlenartig ihre allzu bekannte heimische Antiformel. In der 58. Minute kam es nach einer Flanke von Jürgen Hartmann irgendwie zur ersten Torchance des HSV, die Jan Furtok gegen den rechten Pfosten semmelte. Die Trainer wechselten eifrigst die Spieler, was am Geschehen auf dem Volksparkgrün nichts änderte.

Eine viertel Stunde vor Schluß, nachdem der Spielgewinn von Mitabstiegskandidat Köln besiegelt schien, beschlossen die Saarländer dann doch, siegen zu wollen. Offensiver wurden sie und entfärbten ihren Strafraum von den blauen Trikots. Die Grünfläche vorm Tor nutzte der gerade 17 Minuten im Spiel befindliche Florian Weichert

1zum Torschuß, der in der rechten Ecke des Netzes seinen Abschluß fand.

Alle jubelten, außer Benno Möhlmann, der unbeweglich und mit übergeschlagenem rechten Bein auf der Bank festklebte. Mann, war der sauer! Auch Karsten „Froschmann“ Bäron, sonst stets von seinem Coach vor Presseattacken in Schutz genommen, versüßte dessen Laune durch seinen Torerfolg drei

1Minuten später nicht. Dabei war die flache Flanke von Jörg Bode – in der 34. Minute eingewechselt für den blaß wie seine Lieblingsfarbe apricot aufspielenden Armin Eck – und die Grätsche des Torschützen zum Ball durchaus nett anzusehen.

Das 2:0 versuchte der durch diesen Erfolg euphorisierte Bäron in der 91. Minute noch zu erhöhen. Er schob den Ball mit dem Innenrist jedoch etwas zu rechts am Pfo-

1sten vorbei.

HSV Geschäftsführer Heribert Bruchhagen, der den Gegnern, wenn sie denn mal verlieren, gern ein schadenfrohes Grinsen schenkt, gab sich gegenüber FC-Coach Peter Neururer gefühlvoll: „Peter, ich weiß wie dir jetzt zumute ist.“ Die beiden kennen sich eben noch aus Schalker Tagen und im Pott, das weiß jeder, da entstehen Freundschaften fürs Leben. Neururer, den

1Abstieg im Nacken, nahm den Mund nur halb so voll wie üblich: „Uns steht das Wasser bis zur Unterkante Oberlippe, aber noch stehen vier Spieltage aus.“ Und Möhlmann? „In der ersten Halbzeit hat die Mannschaft sehr schlecht gespielt, in der Zweiten schlecht. Aber wir haben 2:0 gewonnen.“ Seine Mundwinkel berührten dabei fast den Fußboden.

Claudia Thomsen