Sinfonie auf kammermusikalisch

■ Die Deutsche Kammerphilharmonie Bremen gab mit Heinrich Schiff u.a. Beethoven

Welchen Gewinn die Deutsche Kammerphilharmonie für Bremen bedeutet, wurde den BesucherInnen des Konzertes in der „Glocke“ am Freitag verdeutlicht. Hochprofessionell und doch vom jungen Drive eines selbstverwalteten Ensembles geprägt, verweigern sie sich dem Regime eines Chefdirigenten, kämpfen vital gegen gängige Marktspezialisierungen an und scheuten diesmal sich nicht, Wolfgang Rihm und Ludwig van Beethoven in einem Programm unterzubringen.

Beethovens Sinfonie Nr.3, mit ihrer ausladenden Form, thematisch-motivischer Engführung, mit Fugati und Ansätzen von Polyrhythmik — wie kann ihr ein kleines Ensemble mit 40 SpielerInnen gerecht werden? Angeleitet von Heinrich Schiff arbeiteten sie die kammermusikalischen Gehalte heraus, spielten Streicher, Holz- und Blechbläser behende aufeinander zu. Das Orchester fügte sich — übrigens in einer optimalen „Glocken“-Akustik — zu einem differenzierten Klangkörper zusammen. Und vor allem hatte es das Werk konsequent entrümpelt von klang- und bedeutungsimperialistischen Schrott.

Zum Kontast Rihms Skizze für 13 Streicher: „Nature morte — still alive“ (vielleicht ein Wortspiel: nature morte, „Stilleben“ heißt im Englischen still life). An kurztaktige Abfolgen von Klangumkehrungen und -verzerrungen, monotone Rhythmik und Melodiefetzen schließt sich ein tonaler, nur klanglich verfremdeter Hauch an: Fingerzweig auf einen Schimmer von Hoffnung.

Der Clou dieses Programms war so die Verschränkung von Kammermusik und sinfonischer Musik: eine Streicherformation mit expressiv-rhythmischem Duktus gegenüber einer auf ihre Feinstruktur zurückgeführte Sinfonie.

Daß solistische Brillianz der Formation nicht fremd ist, zeigte ihr Fagottist Volker Tessmann in einem markellos aufgeführten Konzertstück von Carl Maria von Weber.

Ulrich Mückenberger