GUS-Gipfel ohne Beschlüsse

■ GUS-Staatschefs einigen sich zwar prinzipiell auf eine Wirtschaftsunion, doch die Meinungsverschiedenheiten bleiben / Vorbehalte gegen russische Hoheitsrechte

Moskau (taz/dpa/AFP) – Rußlands Befreiungsheld Boris Jelzin gerät auch ökonomisch immer mehr in die Defensive. Mit einem kranken Rubel läßt sich keine gesunde Wirtschaft auf die Beine stellen. Während die Inflation schwindelerregende Höhen erreicht und die Wirtschaftsleistung permanent sinkt, griff der Präsident nach einem neuen Rettungsanker: Eine Wirtschafts- und Währungsunion der Gemeinschaft Unabhängiger Staaten, so die Pläne Jelzins und seiner Wirtschaftsberater, könne das zerschnittene Geflecht wirtschaftlicher Beziehungen wieder neu knüpfen und so die gegenseitigen Abhängigkeiten mildern.

Doch am Ende des GUS-Gipfeltreffens in Moskau stand Rußlands Präsident am Freitag abend mit fast leeren Händen da: Die Führer der zehn Mitgliedsstaaten verabschiedeten lediglich eine Deklaration, in der von der Notwendigkeit einer raschen wirtschaftlichen Integration die Rede ist. Die von Jelzin vehement geforderte enge Wirtschaftsunion in der Gemeinschaft ist damit jedoch vorerst nicht zu realisieren. Neun der zehn anwesenden Staatschefs unterzeichneten zwar die gemeinsame Willenserklärung, doch bereits nach der Sitzung wurden die Meinungsverschiedenheiten überdeutlich.

Während der turkmenische Präsident Saparmurad Njasow sich noch eine Bedenkzeit erbat, befürchteten die Ukrainer, die Wirtschaftsunion könnte für sie Souveränitätsverluste nach sich ziehen. Der ukrainische Präsident Leonid Krawtschuk unterstrich nach seiner Unterschrift, erst wenn Details verabschiedet und von den Parlamenten ratifiziert worden seien, könne von der Bildung einer Wirtschaftsunion gesprochen werden. Und Kasachstans Präsident Nasarbajew sprach von einem „schrittweisen Integrationsprozeß“.

Schon vor Beginn der offiziellen Sitzung im Kreml verlautete, daß nur Armenien, Weißrußland und Kasachstan bereit seien, einer engen und abgestimmten Geld- und Kreditpolitik, dem Kern der Wirtschaftsunion, unter russischer Führung zuzustimmen. Die anderen Republiken hätten starke Vorbehalte, diese Hoheitsrechte an die Moskauer Zentralbank abzutreten. Wenn es nach Jelzin geht, soll ein Paket mit 25 Dokumenten zum Aufbau der Wirtschaftsunion noch in diesem Jahr verabschiedet werden.

Bis zum nächsten Gipfeltreffen am 16. Juli in der armenischen Hauptstadt Eriwan will jedes Land entscheiden, wie weit es sich an einer Wirtschaftsunion beteiligen will. Konkret soll es sich dabei um die Schaffung einer Union der Banken, Währungen und Zoll- und Handelsgrenzen handeln. Die Staatschefs setzten einen Expertenausschuß ein, der bis zum 1. Juli die grundlegenden Einzelheiten ausarbeiten soll. Sie richteten zudem ein Exekutivkomitee, einen beratenden Koordinationsausschuß sowie ein Wirtschaftsgericht unter der Leitung des weißrussischen Justizministers Leonid Daschuk ein. es