Russische Reisediplomatie in Bosnien

■ Außenminister Kosyrew besucht die Republiken Ex-Jugoslawiens / Serbenchef Karadzic bezeichnet Vance-Owen-Plan als "tot" / Über 90 Prozent der bosnischen Serben beteiligen sich an Referendum

Moskau (taz/dpa) – Was sich bereits in der vergangenen Woche andeutete, fand gestern eine Bestätigung: Nach der amerikanischen Initiative zur „Lösung“ des Balkankrieges will die russische Regierung nicht zurückstehen. Präsident Jelzin schickte seinen Außenminister Kosyrew auf eine Viertagestour durch die Republiken Ex-Jugoslawiens.

Über die Vorschläge, die der gelernte Diplomat dabei im Gepäck hat, kann vorläufig jedoch nur spekuliert werden. So hat Moskau – ebenso wie London und Paris – die amerikanischen Pläne zur Beendigung des Krieges bisher abgelehnt: Verteidigungsminister Gratschow machte am Montag erneut deutlich, daß seine Regierung eine Aufhebung des Waffenembargos ebenso ablehne wie die Bombardierung serbischer Stellungen.

Initiativ wurde Moskau dagegen in der letzten Woche mit dem Vorschlag, UN-Beobachter an der bosnisch-serbischen Grenze zu stationieren. Sie sollten die Zusage Belgrads, Lieferungen an die bosnischen Serben einzustellen, kontrollieren. Und: Trotz der eindeutigen Ablehnung des Vance-Owen- Plans durch die serbische Bevölkerung setzt Moskau weiterhin auf diesen Plan.

Zur Begründung seiner Reise gab Kosyrew an, daß Rußland die Ergebnisse des „nicht überzeugenden und mehr als umstrittenen Referendums der bosnischen Serben nicht hinnehmen werde“. Da er zugleich darauf hinwies, daß die Volksabstimmung nur in den Siedlungsgebieten der bosnischen Serben stattgefunden habe, scheint es möglich, daß man in Moskau über ein Referendum der Serben, Kroaten und Muslime nachdenkt. Zum Auftakt seiner Reise traf sich Kosyrew am Montag abend in Berlin mit Bundesaußenminister Klaus Kinkel, letzte Station wird am Freitag New York und das Außenministertreffen des UN-Sicherheitsrates sein.

Zumindest bei den bosnischen Serben dürfte die russische Initiative für den Vance-Owen-Plans jedoch auf taube Ohren stoßen. Zwar hatte Serbenchef Karadžić noch vor zwei Wochen den Plan unterzeichnet, nur wenige Stunden nach Abschluß des Referendums bezeichnete er diesen jedoch als „tot“. Nun müsse die internationale Gemeinschaft einen neuen Friedensplan vorschlagen, der die „Existenz einer serbischen Republik“ anerkenne. Nach Angaben der zentralen Wahlkommission haben sich die serbischen Zivilisten zu 90 Prozent, die Soldaten in den Kasernen und an der Front zu 95 Prozent an der Abstimmung beteiligt. Das erste Auszählungsergebnis meldete das Dorf Srbac bei Banja Luka. Dort sprachen sich 98,13 Prozent gegen den Vance- Owen-Plan aus.