Mit Wasserwerfern gegen Infrarot-Strahlen?

■ Bannmeilenspektakel am „Tag X“ der Asylrechtsänderung, dem 26. Mai

Anstelle von Menschenmassen erwartete die Protestler aus Düsseldorf letzten Donnerstag die gewohnt verschlafene Atmosphäre des Bundesdorfes. In der Landeshauptstadt von NRW hatte sich offensichtlich nicht herumgesprochen, daß der „Tag X“, das Datum der zweiten und dritten Lesung der Änderungsgesetze zum Asylrecht, mal wieder verschoben worden war. Auch auf offizieller Seite forderte der Termin-Hickhack bereits sein erstes Opfer: Die bundeseigene Kunst- und Ausstellungshalle am Regierungsviertel verlegte eine Pressekonferenz am 13. Mai wegen der erwarteten Proteste nach Düsseldorf, als ein neuer Termin längst feststand. „Wir erhalten ständig Anrufe von Leuten, die wissen wollen, wann es denn soweit ist“, berichtet Manfred Stenner vom „Trägerkreis Aktion Asylrecht“, der den Protest koordiniert. Zuerst mußte man die Aktivitäten auf Ende April ausrichten, dann hieß es Mitte Mai, schließlich sollte es der 26. oder 27. Mai sein. Ende letzter Woche legte der Ältestenrat des Bundestages Tag X nun endgültig auf den 26. Mai.

Für die OrganisatorInnen der Protestkundgebungen, so Stenner, hatte diese Verschieberei des Datums auch Vorteile. Denn die Mobilisierung des Protestpotentials verlief zunächst schleppend. Mittlerweile rufe auch der hessische DGB-Landesverband zum Protest auf. Stenner, Mitglied im Bonner Kreispolizeibeirat, rechnet mit rund 5.000 DemonstrantInnen, obwohl der 26. ein gewöhnlicher Werktag ist.

Auch Tom Schmidt, Mitglied der „Christen pro Asyl“, kann der Verzögerung ihr Gutes abgewinnen. Er bezweifelt, daß die Asylrechtsänderungen wie vorgesehen am 1. Juli in Kraft treten werden: „Jede Verzögerung der Asylrechtsdebatte gibt weiteren Asylbewerbern die Chance, noch nach altem Recht behandelt zu werden.“ Wenig Begeisterung löste der Termin-Hickhack bei der Aktion „Ziviler Ungehorsam“ aus. Sie ruft zum Sitzstreik in der Bannmeile vor dem Bundestag auf. Hanne Vack vom Grundrechte- Komitee berichtet vom „großen finanziellen Aufwand“ für die Initiatoren, die nun schon zum dritten Male per Post die 6.000 Unterstützer des Aufrufs über den jeweiligen Termin unterrichten mußten.

Das „Büro für notwendige Einmischung“ plant am Tag der Entscheidung nach wie vor, daß Asylbewerber per Fallschirm in der Bannmeile landen. Außerdem stehen Infrarot-Kontrollen vor dem Bundestag zur Abwehr von Politikern aus sicheren Dritt-Büros und Landeslisten, die Versteigerung des Grundgesetzes, ein Trommelzug Bonner Rockmusiker und Darbietungen über die Handhabung der Änderungsgesetze seitens deutscher Beamter auf dem Programm. Bis in den späten Abend hinein, so Sprecher Frank Eysen, will das Büro ein „absurdes Theater mit 5.000 grünen Statisten“ abhalten.

Stenner geht von 5.000 Ordnungshütern aus, die sich für den Schutz von Bannmeile und Bundestag einsetzen werden. Noch nicht entschieden ist die Klage des Trägerkreises gegen Innenminister Seiters, der eine Ausnahmegenehmigung zum Demonstrieren in der Bannmeile nicht erteilen wollte. Aus autonomen Kreisen verlautete, die Polizei habe eine konsequente Ahndung von Gesetzesverstößen im Rahmen der Proteste angekündigt. Einheiten des Bundesgrenzschutzes sollen demnach bereits an den Bahnhöfen Personen kontrollieren. Konkrete Hinweise auf gewaltsame Ausschreitungen haben weder der Trägerkreis, noch das Bonner Polizeipräsidium. „Schon seit Tagen“, beobachtet die Zeit treffend, „stehen im Bonner Parlamentsviertel noch mehr unauffällige junge Männer als sonst auffällig herum.“ Betriebsamkeit greift auch in der Politik um sich. Vor wenigen Wochen ordnete Bundestagspräsidentin Rita Süssmuth sogar eine Telefonsperre im Abgeordnetenhaus an. Der fraktionslose Parlamentarier Ulrich Briefs hatte seinen Anschluß als Informationsstelle für Demos in der Bannmeile veröffentlichen lassen. Briefs will nun rechtliche Schritte ergreifen. Bernd Neubacher