: Heymes Peschke — vorbestrafter Betrüger
■ Die Geschichte von Franz E. Peschke, dem Geigenhändler und persönlichen Berater des Intendanten Heyme
Als Hansgünther Heyme in Bremen seine Verhandlungen um die Generalintendanz führte, da war einer immer dabei: Franz E. Peschke. Die beiden haben schon in Recklinghausen zusammengearbeitet, und das Vertrauen und die gegenseitige Bindung waren so groß, daß Peschke oft allein zur Verhandlung kam. „Der Heyme hat keine Lust zu Verwaltung“, erklärt Staatsrat Andreas Fuchs dieses Künstler- Phänomen. Und auch das Theater erklärt Peschkes Tätigkeit schlicht so: „Peschke hat für Heyme die ganze Vorbereitung für Bremen gemacht.“
Eigentlich wollte Heyme seinen Adlatus zum „Künstlerischen Direktor und Stellvertreter“ für 10.000 Mark Monatslohn machen. Aber das stellte sich Verwaltungschef Rempe quer — die Stelle gab es nicht im Haushaltsplan — und Kultursenatorin Helga Trüpel versicherte, einen derartigen Vertrag werde sie nicht unterschreiben. Auch der damalige Kultursenator Henning Scherf, hatte Heyme gegenüber den Fall Peschke problematisiert, war doch Peschke früher schon einmal am Bremer Theater beschäftigt gewesen, als Dramaturg, und von Kremer wegen Unregelmäßigkeiten im finanziellen Bereich ausgeschieden worden.
Peschke fuhr derweil schon durch Frankreich, mit einer auf eigene Kosten gedruckten Visitenkarte „Franz E. Peschke, Intendanz“. Der gerade ausgeschiedene Intendant Tobias Richter erfuhr entsetzt, wer da den Eindruck erweckte, sein „Nachfolger“ geworden zu sein. Der Hochstabler Peschke mußte die Visitenkarte zurückziehen.
Heyme machte die (Wieder)Beschäftigung von Peschke am Bremer Theater zur Bedingung seines Kommens, lenkte aber ein: Für ca. 6000 wurde Peschke als „Künsterlischer Berater für Planung und Koordination von Koproduktionen, spartenübergreifende Produktionen und Sponsoring“ beim Bremer Theater beschäfigt.
Hauptsorge der Bremer Kultur-Politiker gegenüber Peschke war das erste Leben des großen Künstlers: Peschke war ein europaweit bekannter Geigenhändler, bevor er in einem spektakulären Prozeß zu 7 Jahren Gefängnis wegen Diebstahls, Betruges, Unterschlagung und Untreue in mehreren Fällen verurteilt wurde. Noch im September 1976 ließ er sich vom Playboy loben: „Verkaufs-Virtuose“ Peschke, Ehrendoktor der Uni Köln, gab an, in einem Jahr 10 der noch 750 Stradivaris verkauft zu haben.
Im Oktober 1976 wird Peschke verhaftet.
Am 14.4.1977 machte er dem Verfahren vor der Wirtschaftskammer ein kurzes Ende: „Ich bekenne mich im Sinne der Anklage schuldig.“ Peschke hatte ein fürstliches Leben geführt — mit Chauffeur, Pilot, eigenem Flugzeug und angemieter Burg. In München hatte Peschke zeitweise eine Hotelsuite, die er potentiellen Kunden, die teure Geigen als Geldanlage kaufen wollten, zur Verfügung stellen konnte. Etwa dem Getreidebauern Probst. Den lud Peschke in seine Suite ins Münchener Hotel „Vierjahreszeiten“ und drückte ihm eine „Stradivarius 1706 Corbeti“ in die Hand. Die Stradivari hatte Peschke in London für einen schwedischen Geigenbauer für 389.000 Mark ersteigert. Der Bauer war schwer beeindruckt. Einen Tag nach der Vorführung fuhr eine Limousine bei dem Bauern vor, und ein Chauffeur überreichte dem Bauern die Geige. Der Bauer zahlte knapp 300.000 Mark in bar.
Kurze Zeit später entlockte Peschke dem Bauern die Geige wieder — für eine „Ausstellung in St. Moritz“. Als der Geigenhändler ein Jahr später vor Gericht stand, hatte auch der berühmte tschechische Geiger Josef Suk einen unterschriebenen Kaufvertrag für dieselbe Stradivari in der Hand — insgesamt drei Besitzer stritten sich um das Stück, denn der schwedische Geigenbauer betrachtete das Instrument auch als sein eigenes.
Eine ganze Serie solcher Geschichten kam vor Gericht zur Verhandlung. Auch Flugrechnungen über 27.000 Mark waren unbezahlt geblieben.
Fast wie ein ironisches Abschiedsgeschenk mutet es an, daß Intendant Heyme — „menschlich erschüttert“ und in seinem künstlerischen Schaffen beeinträchtigt durch die neuen Vorwürfe gegen Peschke (taz 18.5.) — in seiner letzten Spielzeit in Bremen Schillers Räuber inszenieren will. Hauptfigur: „Franz — die Kanaille“.
K.W
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen