■ Mit Insidergeschäften auf du und du
: Freiwillige Spielregeln

Berlin (taz) – Die Börse ist ein Spiel – und jedes Spiel hat seine Regeln. Daß die Mehrheit der Menschheit von lukrativen Spekulationen ausgeschlossen ist, liegt an ihrem Mangel an Spielgeld. Wer aber zu dem erlauchten Kreis der Habenden zählt, soll an der Börse die gleichen Chancen haben wie seine MitspielerInnen. Und das heißt: Wer im Aufsichtsrat oder einem anderen Entscheidungsgremium einer AG sitzt und dort kursrelevante Informationen bekommt, darf sie nicht ausnutzen. So sehen es die Börsenregeln vor.

Während aber in vielen anderen Ländern schon heute die Gesetzeshüter darüber wachen, daß die InsiderInnen nicht vor den anderen BörsenteilnehmerInnen absahnen, gilt in Deutschland bisher noch ein quasi freiwilliger Ehrenkodex. Seit Anfang der 70er Jahre hatte die Frankfurter Börsenaufsicht immer aufs neue versucht, die Insiderprobleme in den Griff zu bekommen – häufig ohne Erfolg. Denn denjenigen, die von der Prüfungskommission überführt werden, drohte lediglich der Verlust ihres Spekulationsgewinns. Sie müssen ihn an die AG zurücküberweisen. Ansonsten sind allenfalls eine peinliche Presseerklärung und die Einbuße des Aufsichtsratssessels zu befürchten.

In der Prüfkommission sitzen neben einem in Handelsfragen erfahrenem Richter vier hohe Manager von Banken und Industrie, die vom Börsenvorstand für drei Jahre gewählt werden. Sobald eine Anzeige vorliegt oder ihnen selbst ein Geschäft dubios erscheint, beginnen sie zu ermitteln. Die Verdächtigten müssen ihre Kontoauszüge vorlegen und ihre Bank von der Wahrung des Bankgeheimnisses befreien, was sie nach Auskunft der Frankfurter Börse bisher stets getan haben. Weil aber die deutsche Regelung „möglicherweise nicht mehr zugkräftig genug ist“, wie sich ein Sprecher der Frankfurter Börse vorsichtig ausdrückt, wurde jetzt in Bonn ein Referentenentwurf erarbeitet, der ab 1994 für überführte Insider Geld- und Haftstrafen vorsieht. aje