Mörderischer Machtkampf zwischen Mudschaheddin

■ In Kabul starben in einer Woche mehr als 600 Menschen / Über 3.000 wurden schwer verletzt

Kabul (wps/taz) – Die rivalisierenden Mudschaheddin Afghanistans scheinen entschlossen, ihre Hauptstadt lieber zu zerstören, als die Macht zu teilen: Mindestens 600 Menschen sind seit Mitte vergangener Woche bei Raketenangriffen auf Kabul und in Straßenkämpfen umgekommen, schätzt das Rote Kreuz, mehr als 3.500 wurden verletzt. Allein am Montag gingen nach Angaben des staatlichen Rundfunks 58 Raketen in fünf Stadtbezirken nieder. 23 Menschen starben, 119 wurden zum Teil schwer verwundet.

Wer kann, flieht. Ganze Straßenzüge sind entleert, die Hälfte der zwei Millionen Einwohner soll die Stadt verlassen haben. Nahrungsmittel, Gas, Wasser und Elektrizität sind knapp, in den Straßen häuft sich der Müll. Es wird geplündert.

Vierzehn Jahre lang, bis April 1992, hatten die Mudschaheddin – von den USA, Pakistan und Saudi-Arabien aufgerüstet – gegen einen gemeinsamen Feind gekämpft: die sowjetische Invasionsarmee und die kommunistische Regierung in Kabul. Nun kämpfen sie gegeneinander. Viele Männer haben nichts anderes gelernt. Und die Mitgliedschaft bei einer der ethnisch oder politisch begründeten Gruppierungen bietet ihnen wenigstens ein Einkommen. Waffen gibt es genug. Verstärkter Opium-Export garantiert auch deren zukünftige Finanzierung.

Waffenstillstandsabkommen – wie jenes, das am vergangenen Freitag zwischen den afghanischen Regierungstruppen von Verteidungungsminister Ahmed Shah Masud und seinem Erzrivalen Gulbuddin Hekmatyar ausgehandelt wurden – sind das Papier nicht wert, auf dem sie stehen. Solange Präsident Rabbani den Tadschiken Masud nicht entläßt, so die Drohung des Paschtunen Hekmatyar, werde er weder den ihm angetragenen Posten des Premiers annehmen noch die Angriffe auf Kabul einstellen. li