Faust, Freud und Horror

■ Filmpremiere: "Dämonie" des Hamburger Regisseurs Heisterberg

des Hamburger Regisseurs Heisterberg

Der vierte Film des Hamburger Regisseurs Jörn Heisterberg zeigt die Abgründe im Innersten des Menschen: das Böse, das Dumme und das Zerrissensein. Pendelnd zwischen Horror-Streifen und Psycho-Thriller erzählt Dämonie die Geschichte des ehemaligen Studenten der Parapsychologie, Ruland Forbius, der nach einem unschuldig verbüßten Gefängnisaufenthalt eine nur kurze Freiheit genießt, um dann in einem anderen Gefängnis zu landen: im Institut seines ehemaligen Professors Vantanyani, doch eigentlich im Gefängnis der eigenen Angst und Verstrickung.

Die alten und neuen Bekannten, auf die Forbius im Laufe der Geschichte trifft, treiben ihn als be-

1drohliche und übermächtige Instanzen durch die Handlung. Der Protagonist scheint durch den Film zu gehen wie Justine durch de Sades Roman: mit immer der gleichen Haltung, mit der gleichen Empfindung und der gleichen Unbelehrbarkeit. Der Motor, der Forbius — und den Film — treibt, ist der suspekte Drang nach Selbsterkenntnis.

Als Psychothriller konzipiert, beschreibt Dämonie die Wirrnisse eines Adoleszierenden, der nicht umsonst von Heisterberg selbst dargestellt wird. Mit Forbius und seinem Über-Vater Vantanyani läßt Heisterberg ein Psychodrama mit autobiografischen Zügen entstehen. Das Drehbuch entstand schon

11982, die Filmarbeit selbst dauerte zwei Jahre. Herausgekommen ist ein Film über die eigene, unaufgearbeitete Lebenslüge, die unfreiwillig tragikomisch wirkt: Die Adoleszenz fällt schwer wie die Kommunikation, und beide erlaubt die Welt nur, um Forbius weh zu tun.

Regisseur Heisterberg konzentrierte sich bei der Entwicklung des Plots auf einen Grundgedanken: Jugendliche definieren sich über alles, was nicht von ihnen kommt. In Forbius' Fall fehlt es nicht an Identifikationsangeboten, denn die von dem Schauspieler Udo Schönthier eindrucksvoll dargestellte Figur des Vantanyani vereinigt dominierende Männergestalten von Doktor Faust bis zum leiblichen Vater. Nur kann er die Identifikationsmodelle weder wählen noch ihren Nutzen erkennen. So erlebt das Publikum, wie sich der Ödipuskomplex verschiebt: Forbius tötet lieber seinen Vater, als mit seiner Mutter zu schlafen.

Trotz der ernsten Thematik und dem Anschein, hier werde der Beginn einer Psychose nachgezeichnet, ist Heisterberg mit Dämonie ein fast niedlicher Film gelungen. Die üblichen Ingredienzen des Horror-Films fehlen nicht und um unheilschwangere Szenen anzukündigen, läßt Heisterberg Totenkopf- Silhouetten durchs Bild schwirren. Ein übriges tut der von Heisterberg selbst geschaffene, dräuende Rock- Soundtrack, der die gesamte Länge des Films unterlegt und bei dem offen bleibt, ob er hormonelle Wallungen oder eher Weltengroll widerspiegelt. Kristof Schreuf

3001-Kino, 21. Mai, 21 Uhr