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Nicht immer die ganze Wahrheit sagen

■ Hans-Jürgen Lahmann: Was macht eigentlich der Bremer Botschafter in Berlin?

Wer redet schon mit Hans-Jürgen Lahmann? Wenn man versucht, den Bremer Botschafter in Berlin zu erreichen, braucht man vor allem Beharrungsvermögen, denn: Die Telefonnummer, die im offiziellen roten Bremer Behördentelefonbuch ausgedruckt ist, stimmt schon lange nicht mehr. Die Telefonauskunft kann ein Bremen Büro in Berlin nicht finden, und im Rathaus muß man sich bis ins Vorzimmer des Bürgermeisterstaatsrats Andreas Fuchs durchfragen. Wer redet mit Lahmann? Fuchs, zumindest manchmal. Aber sonst — wer weiß schon, was der ehemalige FDP-Chef, der in Bremen nach der Flick-Lambsdorff-Affaire das politische Feld räumen mußte, den lieben langen Tag in Berlin treibt.

Ein ziemlich aufgeräumter Hans-Jürgen Lahmann berichtete Anfagng der Woche im Presseclub vor kleiner Runde über seine Arbeit als Vertreter Bremens in der zukünftigen Bundeshauptstadt. Und da redete keiner in der Begründungsnot seiner beruflichen Existenz. Im Gegenteil, über Langeweile scheint sich Lahmann nicht beklagen zu müssen. Nach seinem Bericht hetzt er von termin zu Termin, als Bremer Stim

Hans-Jürgen Lahmann

mungskanone. Imageverbesserung, das ist das Zauberwort der Bremer Dependence im nahen Osten. Wo es kein Konzept für die Außendarstellung Bremens gibt, da gilt es, auf die allervielfältigste Art und Weise, den Berlinern und den Entscheidungsträgern in den Neuen Ländern ein positives bremen-Bild ins Gemüt zu pflanzen.

Vor allem soll Bremen als interessanter Wirtschaftsstandort publik gemacht werden. Daß Thüringen, Sachsen-Anhalt und Teile Sachsens einmal das „Hinterland“ der bremischen Häfen waren, „das haben die da wieder vergessen“. Für eine derartige Werbung sollte sich das Land eigentlich nichts zu teuer sein lassen, findet Lahmann. Aber ach, wie schmählich wird die Botschaft an der Friedrichstraße im Herzen Berlins von der Bremer Politik behandelt. Viel zu wenig Geld habe er zur Verfügung, klagt Lahmann.

Was es alles kostet, wenn man repräsentieren und einen guten Eindruck schinden will! Da ist ein Jahresetat von 90.000 Mark schnell verbraucht. Und die bremische Verwaltung sei alles andere als fix, wenn es darum ginge, eine Büroausstattung zu organisieren.

Also hat Lahmann aus der Not eine Tugend gemacht: Die Büromöbel hat er von allen möglichen bremischen Unternehmen zusammengeliehen, und für die Außendarstellung ist er hinter Sponsoren her, wie der Teufel hinter der armen Seele. Und wenn Lahmann Berliner Multiplikatoren zum Empfang lädt, um die ungeheuren Vorzüge des Bremer Güterverkehrszentrums oder des Fallturms oder der Sebständigkeit oder der Handelskammer zu überzeugen, dann produziert er dort vor allem eines: Durst. Kein Name fiel bei seinem Vortrag so oft, wie der der größten Heimatbrauerei. Die unterstützt die bremische Außenvertretung faßweise.

Die „Rolandrunde“ ist die jüngste Lahmann-Idee: Er lädt Entscheidungsträger und Multiplikatoren zum Plausch über Bremen bei Bier und Häppchen, und weil sich bei der Runde nicht nur Bremen, sondern auch eine bremische Firma in einer fünfminütigen Tischrede vorstellt, darf die auch die Chose bezahlen. Und was dort geredet wird? Vor allem über die positiven Seiten Bremens. Lahmann: „Man muß ja nicht immer die ganze Wahrheit sagen.“

Jochen Grabler

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