Aids-Rebellion im Kino 46

■ Dokumentarfilm gegen die "Aidslüge" / "HIV ist nicht tödlich"

Aids-Rebellion im Kino 46

Dokumentarfilm gegen die „Aidslüge“ / „HIV ist nicht tödlich“

„Das ist Thomas mit Martina, das ist Thomas mit Sabine... und das ist Thomas mit Aids.“ Der Dokumentarfilm „Die Aidsrebellen“ läßt den Thomas aus der bundesdeutschen Aidskampagne noch einmal durch die Betten gehen — das Publikum dankt es mit Lachern. Ein Thomas scheint hier nicht zu sitzen. Statistisch gesehen wäre dies auch unwahrscheinlich: schließlich hat die „virologische Apokalypse“ die Kreise der Risikogruppen kaum verlassen. Seit 1982 gab es, laut Aidsbericht der Bundesregierung, bundesweit 442 HIV-Infizierte, die sich zu keiner Risikogruppe zählten.

„Rebellisch“ gehen in dem Film von Fritz Poppenberg internationale Wissenschaftler gegen die zentralen Ergebnisse und Annahmen der Aids-Forschung an. Die zu Wort kommenden Molekularbiologen und Mediziner halten das HIV-Virus nicht für die Ursache von Aids — und Aids für keine ansteckende und sexuell übertragbare Krankheit. Zudem würden die Kranken weder richtig diagnostiziert noch richtig therapiert — und so Opfer einer fragwürdigen Medizin.

Die „Aidsrebellen“ verstehen sich als Anhänger des deutsch- amerikanischen Wissenschaftlers Peter Duesberg. Ihre Message: Otto Normalverbraucher, also in diesem Falle „Thomas“, kann kein Aids bekommen. Die Gefahr einer Infizierung liege vielmehr in „abwehrschwächenden Faktoren“. Die „Aidsrebellen“ führen in dem Zusammenhang den Gebrauch synthetischer Drogen und stimulierender Mittel (Kokain, Heroin und besonders „Poppers“) in der Schwulenszene ins Feld. Auch die Therapie mit dem Aids- Medikament AZT sei am tödlichen Verlauf der Krankheit mitverantwortlich.

Im Film wechseln zahllose Statistiken und medizinische Überlegungen mit Schilderungen von Betroffenen. Auch andere „Experten“ kommen zu Wort. So versichert zum Beispiel ein Pornohersteller, daß seine DarstellerInnen auch „nach Jahren ohne Schutz“ noch „gesund“ seien. Das „sogenannte Aids-Virus“ sei kein Grund sich mit Kondomen zu schützen, „weil es kein Aids-Virus gibt.“

Im Waller Kino 46 stellten Fritz Poppenberg, Autor und Regisseur, sowie der ihm beratend zur Seite stehende Wissenschaftler Dr. Heinrich Kremer ihren Film zur Diskussion. Die Zuschauer rieben sich noch benommen die Augen, als Dr. Kremer ihnen gleich zu Beginn der Diskussion versicherte: Für sie sei die Chance, vom Blitz getroffen zu werden, größer als die, an Aids zu sterben. Das riß einige von den Stühlen. Ein sich „HIV-infiziert“ bekennender Mann bot Herrn Poppenberg die Blutsbrüderschaft an — wenn „Sie so sicher sind.“ Die Datenflut und die vielen Stimmen vermeintlicher Experten hinterließen ein Gefühl von Unsicherheit und Verwirrung. „Das hört sich für mich alles ganz plausibel an. Soll ich mir jetzt aussuchen, welchem Gesicht ich vertraue?!“ Allgemeines Kopfnicken in den Kinoreihen.

Eins verbindet die Aidsdiskussion der „Rebellischen“ wie der „konventionellen“ Seite: Beweisnot. „Der Film reißt verschiedene wichtige Fragen an, und übt berechtigte Kritik an der bisher betriebenen Aufklärung“, gesteht Bernd Thiede vom Rat & Tat- Zentrum für Homosexuelle in Bremen den „Aidsrebellen“ zu. Dennoch wendet er sich mit scharfer Kritik an den Filmemacher: „Was meinen Sie, wie ich mich fühle, wenn ich hier rausgehe? Ganz beschissen.“ Wie könne er nur so blöd sein, der gängigen Theorie zu glauben und sein Leben einzuschränken, nur weil er sich verantwortlich verhalten will. „Das wird doch total in Frage gestellt, und darauf gab es hier keine Antwort.“

Antworten bekommt er auch in der Diskussion nicht. Der Autor zieht sich wie sein Film immer wieder auf die stagnierenden Zahlen zurück und auf die „Unverhältnismäßigkeit zwischen den Zahlen der HIV-Infizierten und der Todesfälle“. Dies seien deutliche Zeichen, daß andere wichtige und bisher kaum erforschte „Co-Faktoren“ eine wesentliche Rolle spielen müßten. Das wiederum ist auch der konventionellen Aids- Forschung bekannt. So hält auch Felicitas Jung, von der Aidsberatung im Hauptgesundheitsamt Bremen die Kausalkette von „HIV-Aids-TOD“ für falsch und verkürzt. Die Prognose des Films, daß heterosexueller Kontakt nicht zu einer Ansteckung führen kann, hält sie für „unverantwortlich.“

Betroffen zeigten sich die anwesenden Vertreter Bremer Aidsberatungen vor allem über das Bild vom „wilden und schmutzigen Leben“ der Schwulen, das der Film vermittele. Auch die statistischen Vergleiche sehen sie eher zynisch. „Von meinen Leuten ist noch keiner an einem Blitzschlag gestorben. Aber die Bremer Szene wird teilweise entvölkert“, sagt Thomas Fenkl von der Aidshilfe in Bremen. Diane Kutschke