Heiße Phase beim Elbtunnel-Rififi

■ Beamte, Banker und Bürgerschaftler basteln an der Finanzierung der vierten Elbtunnelröhre / Bonn lockt mit big money

der vierten Elbtunnelröhre / Bonn lockt mit big money.

Heute geht es in den Sitzungsräumen des Hamburger Rathauses gleich zweimal um ein Projekt, das mangels Geld fast schon gestorben war — den Bau der vierten Elbtunnelröhre. Jetzt könnte es mittels eines genialen Coups von Bankern, Beamten und Bürgerschaftsabgeordneten eine plötzliche Wiederauferstehung feiern: „Private Vorfinanzierung“ heißt die Methode, die es dem Staat ermöglichen soll, die Kosten der Röhre für zehn bis 30 Jahre vor den Steuerzahlern zu verstecken.

Eile ist geboten: Fünf Projekte in ganz Deutschland buhlen um zwei Milliarden Mark „privatfinanzierter Infrastrukturinvestitionen im Bundesverkehrswegeplan 1992“, die das Bonner Finanzministerium dem Verkehrsressort spendierte. Dabei gilt das „Windhund-Vefahren“: Die Projekte, die zuerst „Baureife“ erlangen, werden bedacht. In der Baubehörde herrscht deshalb hektische Betriebsamkeit. Angesichts allgemeiner Arbeitsüberlastung, so stellte man fest, sei man zum blitzschnellen „baureifplanen“ aber nicht in der Lage. Deshalb soll heute nachmittag der Haushaltsausschuß 27 neue Behördenplanstellen genehmigen.

Immerhin geht es um ein Bauvolumen von 700 bis 1000 Millionen Mark — die offizielle Zahl von 480 Millionen Mark Baukosten ist acht Jahre alt und hat Lärmschutzmaßnahmen und Ausgleichsmaßnahmen kaum berücksichtigt. Die Zustimmung von SPD, CDU und FDP gilt als reine Formsache. Zudem: Gewinnen die frischen 27 Windhunde der Baubehörde das Wettrennen, werden ihre Stellen rückwirkend voll von Bonn finanziert.

Die von Ex-Verkehrsminister Günther Krause ins Spiel gebrachten Modelle privater Finanzierung von Infrastrukturinvestitionen haben es wirklich in sich: Wie jetzt auch im Fall des 2-Milliarden-Mark- Windhund-Topfes bleibt der Staat in voller Haftung für Kapital und Risiken – allein die Bauträgerschaft erfolgt privat. So arbeiten die Privatunternehmen und ihre Banken mit einem staatlichen Blanko- Scheck, der dem Staat erst in zehn bis 30 Jahren zur vollständigen Begleichung präsentiert wird. Ein teurer Spaß: Schließlich lassen sich Investoren und Banken für ihr Mitspielen entlohnen.

Das interessiert Bürgerschaftsabgeordnete, Beamte und Banker jedoch wenig – schließlich sind sie vorläufig die Gewinner des Coups. Bleibt eine kleine Schwierigkeit, mit der sich heute nachmittag die Beamten der Baubehörde vor dem Verkehrsausschuß der Bürgerschaft quälen. Sie sollen Sinnfrage erläutern: Wie soll der Tunnel im Jahr 2001, dem frühesten Fertigstellungstermin, die Kapazität auf dann 105 000 Autos pro Tag erhöhen, wo doch heute bereits jene 105 000 im Tagesschnitt überschritten sind?

Neueren Verkehrsprognosen nach dürfte der Verkehrsbedarf durch den Elbtunnel im Zeitraum 2000 bis 2010 jedoch um 30 bis 50 Prozent über dem heutigen Niveau liegen, also bei bis zu 150 000 Fahrzeugen täglich. Eine Menge, die auch vier Röhren nie schlucken können. Statt dem Stau vergeblich hinterher zu bauen, so meinen Experten, müsse das Tunnelproblem anders angepackt werden: Pendler auf Schiffe und Schiene, Güter auch im Nahverkehr wieder auf die Bahn – und schon wäre massig Platz im Tunnel. Schließlich wird der Elbtunnel zu gut 80 Prozent nur vom Nahverkehr benutzt. Torsten Holtkötter