„Reizeffekte reduzieren“

■ FAB kippte schwules Fernsehmagazin „Andersrum“

Berlin (taz) – Eine neue Ausgabe des ersten deutschen Schwulen-TVs „Andersrum“ wurde trotz fester Zusagen nicht vom Berliner Kabelsender Fernsehen aus Berlin (FAB) ausgestrahlt. Zur vorgesehenen Sendezeit am Donnerstag abend wurden „technische Gründe“ dafür angegeben und die Zuschauer auf später vertröstet.

FAB-Vorstandsvorsitzender Paul Stutenbäumer sagte gegenüber der taz, daß das Sendeband „nicht rechtzeitig vorgelegen“ habe. Als Abgabetermin sei der „Andersrum“-Produktionsfirma Bundfilm der Donnerstags nachmittag gesetzt worden, um die Abnahme zu ermöglichen.

Bundfilm-Chef Elser Maxwell hält diese Begründung für „absoluten Schwachsinn“. Es sei mit Stutenbäumer fest abgesprochen gewesen, daß die Sendung erst kurz vor Sendetermin vorliegen müsse. Nach Ansicht Maxwells sind die technischen Gründe vorgeschoben. FAB-Vorstand Stutenbäumer habe „Schiß, daß ihm sein liberales Mäntelchen wegfliegt“.

Die wirkliche Ursache schien Maxwell und vielen der „Andersrum“-Macher in den Vorbehalten einiger Werbeagenturen und Sponsoren von FAB zu liegen. Für den Fall der Ausstrahlung von „Andersrum“ hätten sie mit ihrem Rückzug gedroht. FAB-Chef Stutenbäumer bestätigt, daß es „sehr starke Vorbehalte“ sowohl bei Sponsoren und Agenturen als auch bei einigen FAB-Gesellschaftern gebe. FAB könne diese ökonomischen Zwänge nicht ignorieren und müsse gewisse „Reizeffekte reduzieren“.

Als Reaktion auf diese Reizreduzierung knallten am Freitag zwei Mitarbeiter der FAB-Kinoredaktion ihre Kündigung auf den Tisch. Für Michael Weiner, einen der Abtrünnigen, ist klar, daß „Andersrum“ nicht gezeigt werden sollte. Erst habe Stutenbäumer „schönes Wetter“ gemacht und dann technische Gründe vorgeschoben, um „Scheinliberalität“ zu wahren. Weiner hat eine Unterschriftensammlung gestartet, die den FAB-Vorstand auffordert, diesen „medienpolitischen Rückschlag“ zurückzunehmen. Frank Sturm