Steinkühler weiter unter Druck

■ Ex-Bundesbanker Pöhl ist überzeugt, daß Steinkühler Insiderwissen nutzte / Der „Spiegel“ berichtet über regen Aktienhandel im Vorfeld der Verschmelzung

Hamburg (ap/dpa) —IG-Metall-Vorsitzenden Franz Steinkühler steht wegen seiner umstrittenen Aktiengeschäfte weiter unter Druck. Der frühere Bundesbankpräsident Karl Otto Pöhl erklärte am Wochenende, er persönlich sei überzeugt davon, daß der Gewerkschaftschef Insiderkenntnisse für den Kauf von Papieren der Mercedes-Holding genutzt habe. Der Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, Solms, forderte den Rücktritt Steinkühlers, falls er den Verdacht nicht ausräumen könne. Pöhl erklärte: „Ich selbst war in den 70er Jahren stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender bei VW und weiß, wie so etwas läuft. Es gibt natürlich keine protokollierten Informationen.“

Solms vertrat die Auffassung, für Vorsitzende von Spitzenverbänden müßten die gleichen Maßstäbe wie für Politiker gelten. Sie müssen über jeden Verdacht erhaben sein, Insiderwissen zur Profiterzielung genutzt zu haben.

Steinkühler, der als Gewerkschafter im Daimler-Aufsichtsrat sitzt, hatte kurz vor der Verschmelzung der Mercedes-Holding mit Daimler für rund eine Million Mark Papiere der Holding gekauft und wenige Tage später mit 64.000 Mark Gewinn wieder verkauft.

Der frühere stellvertretende DGB-Vorsitzende Fehrenbach erklärte, bereits der Verdacht des Insidergeschäfts habe der Interessenvertretung der IG Metall durch Steinkühler stark geschadet und die Gewerkschaftschefs geschwächt. Dem Kölner Express sagte Fehrenbach, Aufsichtsratsmitgliedern sollte künftig der Kauf von Aktien des von ihnen kontrollierten Unternehmens verboten werden.

Das Nachrichtenmagazin Spiegel berichtet in seiner jüngsten Ausgabe, daß der Kreis der Insider bei der Daimler-Benz-AG und der Mercedes-AG-Holding (MAH) offenbar größer als bisher bekannt war. Die Daimler-Pressestelle sei bereits am 1. April — einen Tag vor der offiziellen Bekanntgabe — über die Verschmelzung informiert gewesen. Der MAH-Aufsichtsrat sei am Morgen des 2. April unterrichtet worden. Bisher hieß es, nur acht bis zehn Menschen hätten von der bevorstehenden Verschmelzung frühzeitig gewußt.

Ferner zeichnete das Blatt den ungewöhnlich starken Handel mit MAH-Aktien kurz vor der Bekanntgabe der Verschmelzung nach. Am 26. März wurden 370 000 Stück gehandelt, normal seien 75 000. Nach der Bekanntgabe „konnten sich professionelle Anleger schnell noch mit schätzungsweise 90 000 Aktien eindecken“, weil Ibis, das Computersystem der Börse, den Profis den Handel bis eine Stunde nach dem eigentlichen Börsenschluß erlaubte.