Hungerstreik für Brückenöffnung

■ Der Hellersdorfer PDS-Vorsitzende Klaus-Jürgen Dahler protestiert mit einem Hungerstreik gegen die Willkür des Senats, eine für die medizinische Notfallversorgung wichtige Brücke zu sperren

Hellersdorf. Der Bezirksvorsitzende der PDS Hellersdorf und Bezirksverordnete Klaus-Jürgen Dahler ist seit gestern im unbefristeten Hungerstreik. Er will damit die einjährige Vollsperrung der Brücke Heinrich-Grübner-Straße/Mädewalderstraße wegen Bauarbeiten rückgängig machen.

taz: Warum hungern Sie?

Dahler: Über diese Brücke läuft die einzige Direktverbindung des Krankenhauses Kaulsdorfs zum Neubaugebiet Hellersdorf. Da fahren jährlich rund 23.000 Notarztwagen rüber. Die Sperrung erfolgte, ohne das dies mit dem Krankenhaus abgesprochen war. Die Feuerwehr hat erklärt, daß durch die Sperrung ein zehn Minuten längerer Anfahrweg entsteht.

Ist das alles?

Ich versuche mit dem Hungerstreik die medizinische Notfallversorgung der Hellersdorfer zu sichern. Darauf haben sie denselben Anspruch wie Menschen in Tiergarten oder Kreuzberg. Ein Gebiet wird nach Aussagen der Krankenhausleitung durch Notarztwagen künftig nicht mehr erreichbar sein. Hinzu kommt etwas noch Wichtigeres: Der Senat hat diese Sperrung entschieden ohne Beteiligung des Bezirksstadtrats und des Krankenhauses und obwohl die Bezirksverordnetenversammlung mit großer Mehrheit forderte, eine Vollsperrung während der Bauarbeiten zu vermeiden.

Ein ernstes Problem. Aber keines, das einen Hungerstreik rechtfertigt.

Durch die Aktion ist bereits jetzt Bewegung in die Sache gekommen: War bislang von einer einjährigen Sperre die Rede, wird nun von einer Sperrung bis August gesprochen.

Deswegen hoffen Sie, daß Sie nicht lange hungern müssen?

Das werde ich sehen. Ich hoffe, daß ich lange genug durchhalten werde. Ich bin in der Geschäftsstelle und werde Tag und Nacht hier bleiben. Ich werde hungern bis zur öffentlichen Stellungnahme des Senats, daß die bezirklichen Beschlüsse beachtet werden. Das ist ja nicht nur mein Hungerstreik. Es gibt eine Menge Leute, die sich damit solidarisieren, auch bei CDU und SPD.

Sie vertreten ein ernsthaftes Anliegen mit den falschen Mitteln. Hungerstreik ist das letzte Mittel entrechteter Menschen.

Wenn ich sehe, wie man hier die Hellersdorfer behandelt, da ist das genauso. Hier wohnen 130.000 Leute, und wir haben nur acht Kultureinrichtungen. Auch die sind in Gefahr, geschlossen zu werden. Der Senat ist nicht bereit, auch nur einen Pfennig rüberzurücken, um die zu sichern.

Dennoch: Wollen Sie das mit der Situation von Gefangenen und Unterdrückten in Ländern der Dritten Welt vergleichen?

Ich würde diesen Vergleich ablehnen. Die Probleme der Dritten Welt sind viel gravierender als die in unserem Land. Das Mittel des Hungerstreiks ist aber auch für mich als Bezirksverordneter das letzte Mittel, um auf die Zustände hier aufmerksam zu machen. Wir haben alles andere versucht.

Aber glauben Sie nicht, daß Sie dieses letzte politische Mittel damit entwerten?

Das glaube ich nicht. Man muß die Probleme der Menschen hier sehen mit elf Prozent Arbeitslosigkeit und sehen, daß es an allem fehlt. Und beim Senat, der eine zentralistische Politik macht, interessiert keinen, was hier passiert. Gespräch: Gerd Nowakowski