Nato zu Militäraktion bereit

■ General Shalikashvili geht auf Außenminister-Initiative zu Bosnien nicht ein / Izetbegovic ruft zum "Kampf mit allen Mitteln" auf / Karadzic lädt Muslime zum Fußball ein

Berlin (dpa/taz) –Das Nordatlantische Verteidigungsbündnis Nato ist bereit, auf Wunsch und unter Leitung der Vereinten Nationen im ehemaligen Jugoslawien aktiv zu werden. Das betonte der Oberkommandierende der Nato- Streitkräfte in Europa, der amerikanische General John Shalikashvili, am Montag vor der Nordatlantischen Versammlung (NAV) im Berliner Reichstagsgebäude. Unter den 500 Delegierten aus 16 Nato- und weiteren 13 mit der Nato assoziierten ost- und südosteuropäischen Ländern waren die Äußerungen des Generals heftig umstritten. Ohne auf die neuen Bosnien-Planungen der Außenminister der USA, Rußlands und anderer europäischer Staaten überhaupt einzugehen, wies Shalikashvili darauf hin, daß die Nato- Planungen für Militäreinsätze auf der Grundlage des Vance-Owen- Friedensplans „ziemlich weit fortgeschritten“ seien. Das westliche Bündnis könne friedenssichernde Aufgaben im UNO-Auftrag jederzeit übernehmen. Das Außenministertreffen am Wochenende in Washington hatte eine faktische Aufgabe der im Vance-Owen-Plan vorgesehenen Aufteilung Bosniens in zehn Provinzen nach ethnischem Proporz beschlossen. Statt dessen sollen nach Willen der Politiker Schutzzonen für die muslimischen Bosnier eingerichtet werden.Shalikashvili betonte, daß die Grenzen zwischen friedenssichernden und friedensschaffenden Aktionen spätestens seit Ende des kalten Krieges weitgehend verwischt seien. Manchmal müßte für friedenserhaltende Aktionen der Frieden erst durch Gewalt hergestellt werden. Shalikashvili fügte hinzu, für Militäraktionen außerhalb des Natogebietes sollten nur Freiwillige eingesetzt werden. Er hob die Bereitschaft des Bündnisses hervor, auch mit Nicht-Nato- Staaten zusammenzuarbeiten. Auf die spezielle militärische oder gar politische Lage in Bosnien-Herzegowina ging der Nato-General nicht weiter ein.Dafür warnten Vertreter verschiedener Delegationen auf der NAV-Frühjahrstagung vor einem Militäreinsatz im ehemaligen Jugoslawien. Dieser könne sich schnell zu einem Flächenbrand auf dem Balkan ausweiten. Ein britischer Parlamentarier vertrat die Ansicht, so einen „blutigen und bestialischen Bürgerkrieg hat die Welt seit Vietnam nicht mehr erlebt“. Alle Redner hoben die Bedeutung der Sanktionen hervor und forderten die Regierungen auf, deren Einhaltung auch effektiv durchzusetzen. Besonders die radikale Durchsetzung des Ölembargos werde den Krieg beenden.

Die Vertreter der Ukraine und Rumäniens machten deutlich, daß ihre Länder von den Sanktionen durch wirtschaftliche Verluste mitbetroffen würden. Beide betonten jedoch, daß sie die Sanktionen einhielten. „Das Embargo muß ölfest gemacht werden“, sagte ein rumänisches Delegationsmitglied.

Vertreter der griechischen Delegation warnten dagegen vor militärischem Eingreifen. Das könne zu einer „explosiven Mischung“ und dazu führen, „daß auf dem ganzen Balkan ein Brand ausbricht“.

Im seit 1989 serbisch besetzten Kosovo wurden am Wochenende zwei serbische Polizisten von „Terroristen“ erschossen. Das berichtete Radion Belgrad am Montag. In seinem Bericht ging der Korrespondent des Senders in Prishtina davon aus, daß die Aktion gut vorbereitet gewesen sei. Seit der Absetzung der legalen Regierung des Kosovo 1989 befindet sich die albanische Mehrheit der Bevölkerung in einer Art unbefristetem Ausstand. Zum letzten Mal war es am 1. Mai zu Unruhen gekommen.Der selbsternannte „Präsident“ der bosnischen Serben, Radovan Karadžić, hat den gewählten Präsidenten der Republik Bosnien- Herzegowina zu einem Fußballspiel herausgefordert. Damit reagierte Karadžić auf die Aufforderung Izetbegovićs an die bosnischen Muslime, nicht mehr mit den Serben zu verhandeln, sondern den Endkampf aufzunehmen.