Methadon erfolgreich

■ Bericht über Methadon-Projekt in NRW: Rückfälle selten

Düsseldorf (taz) – Immer wieder haben die möglichen Kostenträger für ambulante Methadonsubstitution in Nordrhein-Westfalen erklärt, sie würden Entscheidungen von den Ergebnissen des wissenschaftlichen Abschlußberichtes abhängig machen. Gestern stellte der Minister für Arbeit, Gesundheit und Soziales, Franz Müntefering, das Erfolgspapier vor. Das Projekt habe gezeigt, daß „eine Abkehr vom Drogenmilieu, der Aufbau tragfähiger Beziehungen außerhalb des Drogenmilieus und die Wiederherstellung der Erwerbstätigkeit erreicht werden kann“. Für die Renten-, Kranken- und Sozialversicherungen gibt es jetzt kein Zurück mehr.

Die Landesregierung hatte die Erprobung von Methadon 1988 in Auftrag gegeben. Psychosoziale Betreuung und die Vergabe von Methadon an Langzeitabhängige finden täglich und ambulant statt. Seit Dezember 1992 ist das Programm offiziell abgeschlossen. Betreut wird nur noch, wer dabei war. Über die Hälfte der 247 PatientInnen hat im Erprobungszeitraum einen Ausbildungs- und Arbeitsplatz gefunden, bei allen hat sich das soziale Umfeld von der Szene weg verschoben. Aids-Neuinfektionen sind gar nicht, Rückfälle nur selten vorgekommen: deutliche Vorteile gegenüber der klassischen Langzeittherapie, die in zwei Dritteln aller Fälle scheitert.

Dr. Reinhard Heitkamp vom psychosozialen Dienst des Gesundheitsamtes Köln: „Klassische Therapieformen funktionieren nach dem Prinzip von Versuch und Scheitern. Man kann sich abstinent halten oder eben nicht. In der Regel klappt es nicht. Das bedeutet auf Dauer Perspektivlosigkeit.“

Simone ist eine der PatientInnen des Programms. Sie geht jeden Tag zum Kölner Neumarkt, um an der Theke der Methadonambulanz ihre Dosis einzunehmen: „Für mich ist Methadon die einzige Chance überhaupt. Ich denke mir manchmal: Wenn ich mit 20 schon Methadon bekommen hätte, hätte ich nur zwei und nicht zwölf Jahre auf der Nadel gehangen.“

Der naheliegenden Frage, warum trotz der positiven Ergebnisse Methadontherapie nicht sofort landesweit angeboten wird, weicht Müntefering aus. Den Grund erläutert Methadon-Spezialist Dr. Harder von der Bewilligungskommission des Programms: „Es hat sich gezeigt, daß wir im Schnitt mit acht Jahren Substitution zu rechnen haben. Wer das bezahlen soll, ist heute noch völlig unklar. Nur sechs Patienten sind im Laufe des Programms methadonfrei geworden.“

Zwar hatten die Kostenträger ihre Beteiligung an der Weiterfinanzierung zugesagt, wenn die Ergebnisse überzeugen. Die Rentenversicherungen sind aber nicht bereit, für mehr als zwei Jahre Therapie zu bezahlen und wollen die endgültige Entscheidung mit Hilfe eines eigenen Pilotprojektes noch einmal hinauszögern. Sozial- und Krankenversicherungen, die für die restliche Finanzierung in Frage kommen, halten sich bislang bedeckt. Marcus Seibert

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