Die Kungelei funktioniert hervorragend

■ Neues Ungemach für Hamburgs CDU: Bürgerschaftsabgeordneter Warmke klagt gegen undemokratische Parteistrukturen

: Bürgerschaftsabgeordneter Warmke klagt gegen undemokratische Parteistrukturen

Wenn CDU-Chef und Bürgermeisterkandidat Dirk Fischer heute seine Post öffnet, dann wird er dort einen überaus unangenehmen Brief finden. Absender: der Bürgerschaftsabgeordnete und Unions- Querdenker Jürgen Warmke. Inhalt: die Ankündigung einer Klage vor dem CDU-Kreisparteigericht gegen das Kandidatenauswahlverfahren des Ortsverbands Alstertal für die anstehenden Neuwahlen. Begründung: Benachteiligung von

1Minderheiten. Ein neuer Höhepunkt in der Auseinandersetzung um christdemokratische Kungelei und undemokratischen Postenschacher, die den neuerlichen Urnengang erst nötig gemacht hatten.

Warmke sieht in seinem Gang vor die Parteirichter „den einzigen Weg, die CDU wirklich zu ändern“, da die Strukturen der CDU „durch die jüngsten Satzungsänderungen nicht demokratischer“ geworden seien. „Die Kungeleien“,

1so Warmke, „funktionieren hervorragend.“ Die Union hatte in der vergangenen Woche ihre Parteisatzung geändert und das vom Verfassungsgericht monierte Blockwahlverfahren abgeschafft.

Alles Fassade? So sieht es jedenfalls Warmke, der den Ortsverband Alstertal derzeit gemeinsam mit Madeleine Göhring in der Bürgerschaft vertritt und dort durch unkonventionelle Vorschläge (Haschischfreigabe) und Kritik an der eigenen Fraktionsführung aufgefallen ist. Nicht gerade zur Freude des Vorstandes der Alstertaler Union, der Warmke und Göhring nun nicht mehr für die neue Bürgerschaft nominieren will. Nörgler raus, Ortsvereins-Chef Ulf Lafferenz, Frauen-Unions-Vorsitzende Monika Westinner rein, lautet die Vorstands-Devise, die heute abend bei einer Mitgliederversammlung durchgesetzt werden soll.

Mit unlauteren Mitteln, wie Warmke meint. Bereits vor zwei Wochen hatte er in einem parteiinternen Informationsblatt darauf aufmerksam gemacht, daß Lafferenz den unliebsamen Abgeordneten den Termin der Mitgliederversammlung nicht mitteilen wolle. Als dieser dann feststand, stolperte Warmke über die Tagesordnung, in der eine Aussprache über die verschiedenen Bewerbungen nicht vorgesehen ist.

Warmke wandte sich deshalb am 18. Mai schriftlich an Parteichef

1Dirk Fischer mit der Bitte, „dafür Sorge zu tragen, daß auf beiden Sitzungen Berichte und Aussprache stattfinden“ und daß eine neue „vollständige Tagesordnung“ versandt wird, damit alle Mitglieder sich auf die anstehenden Auseinandersetzungen vorbereiten könnten. Bis gestern hat Warmke auf seinen Brief keine Antwort bekommen.

Fischer, wie auch Ortsverbandschef Lafferenz waren gestern für die taz nicht zu erreichen. Zu Wort meldete sich allerdings Partei-Justitiar Ole von Beust. Nach

1seiner Ansicht ist Warmkes Argumentation „Korinthenkackerei, absoluter Quatsch, Kleckerkram.“ Die Einladung zur Mitgliederversammlung würden alle Ortsvereine in dieser Form versenden, eine Diskussion über die Kandidaten werde damit nicht unterbunden und über die Kandidatenvorschläge fände „eine Aussprache statt“.

Allerdings nicht mehr mit Warmke, dem die Lust auf die Alstertaler Versammlung inzwischen vergangen ist: „Das wird doch ne Abnickveranstaltung.“ Uli Exner