: Mit Farbeiern für das Asylrecht
■ Hamburger SchülerInnen demonstrieren gegen Grundgesetz-Änderung / Vier Schulen besetzt, Kundgebung vor der SPD-Zentrale
/ Vier Schulen besetzt, Kundgebung vor der SPD-Zentrale
5000 SchülerInnen haben gestern mittag gegen die Abschaffung des Asylrechts in der Hamburger City demonstriert. Während im Bonner Bundestag eine große Koalition von CDU/CSU/FDP/SPD-Abgeordneten die Änderung des Artikels 16 Grundgesetz vorbereitete, zogen die Pennäler lautstark zum Kurt Schumacher-Haus. Die Parole: „100 Jahre SPD, tut dem Kapital nicht weh!“
An vielen Hamburger Schulen lief gestern nichts mehr: Die Schülerräte hatten zu Vollversammlungen geladen, um ihre MitschülerInnen über die Folgen des sogenannten „Asylkompromisses“ zu informieren. Aus Protest gegen die Änderung des Grundgesetzes waren bereits am Vortag vier Schulen besetzt worden.
Auf der Kundgebung vor der SPD-Zentrale ging der Nachwuchs mit den Sozis scharf ins Gericht: „Wer hat uns verraten: Sozialdemokraten!“ Eine ganze Hundertschaft hatte die Polizei aufgeboten, um die SPD vor ihren künftigen NichtwählerInnen zu schützen. Dutzende von Farbeiern prasselten auf die Uniformierten nieder, die eigentlich für die „Asylumfaller“ bestimmt waren.
Während der Kundgebung demonstrierten Schülersprecher, daß sie im Geschichtsunterricht nicht geschlafen haben und listeten sämtliche „Schweinereien der SPD“ aus den vergangenen 100 Jahren auf: der Sozialdemokrat Noske, der seine Polizei auf Arbeiter schießen ließ, das Versagen der SPD vor dem Hitler-Faschismus, die Re-Militarisierung und Wiederbewaffnung der Bundesrepublik, Notstandsgesetze, Radikalenerlaß und jetzt der Ausverkauf des Asylrechts.
Zuvor hatten SchülerInnen vor dem Axel Springer Verlag die „Brandstifterrolle“ der Medien in der Asyldebatte angeprangert: Mit reißerischen Artikeln gegen die „Asylantenflut“ hätten Zeitungen „Urängste der Menschen“ geweckt und ein rassistisches Klima geschürt. „Politiker tragen die Asylpolitik zu Grabe — und Axel stört nicht die Totenstille.“
Bereits in den frühen Morgenstunden hatten Demos den Verkehr in Hamburg zum Erliegen gebracht: 200 Autonome demonstrierten um sieben Uhr vor der Ausländerbehörde gegen die Abschaffung des Asylrechts. „Neonazis fordern, Politiker handeln.“ Die Demonstranten fordern ein „Bleiberecht für Flüchtlinge“. Die Ausländerbehörde war von der Polizei hermetisch abgeriegelt worden. Im Verlauf eines „Katz-und-Maus- Spiels“ kam es zu kurzen Verkehrsblockaden (Millerntorplatz, Mundsburg, Schlump, Klosterwall). Am Abend fand vor dem Roma-Lager in Neuengamme eine Kundgebung statt. Die verfolgten Roma kämpfen für ein Bleiberecht. Katrin Wienefeld/Kai von Appen
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