Von der befreienden Wirkung der Einsamkeit

■ Die St. Pauli-Kicker zieht es vor dem wichtigen Spiel in Homburg ins Trainingslager in die Lüneburger Heide

zieht es vor dem wichtigen Spiel in Homburg ins Trainingslager in die Lüneburger Heide

Martin Driller, seines Zeichens Stürmer beim abstiegsgefährdeten Zweitligisten FC St. Pauli, hatte die neue Parole wohl am besten begriffen. Der zweifache Torschütze bei dem 3:0-Sieg gegen den SV Meppen am vergangenen Dienstag verließ ohne Jubel den Platz. Schnurstracks wendete er sich nach dem Abpfiff dem Ausgang zu, keine Runde durch das Stadion, keine Euphorie, Konzentration heißt das neue Wundermittel gegen den Abstieg. Der 3:0-Erfolg, der St. Pauli auf den klassenerhaltenden 17. Platz hievte, löste keine Feiern aus.

Am Sonntag tritt man bei Homburg an, doch schon seit dem gestrigen Freitag trifft man keinen der Kicker mehr in der Hansestadt. Um Ablenkung aller Art von seinen Schützlingen fernzuhalten, hat sich Trainer Seppo Eichkorn mit seinen Mannen wie vor dem Meppen-Spiel ins Trainingslager zurückgezogen. Im idyllischen Egestorf in der Heide gibt es nur die monotone Landschaft zu genießen, profanere Vergnügungen sind nicht angesagt. Ein Grund vielleicht dafür, daß Vize- Präsident Christan Hinzpeter nach dem letzten Trainingslager „starre Blicke“ bei den Beteiligten konsternierte. „So konzentriert habe ich die in dieser Saison noch nicht erlebt“, schwärmte er von der arbeitsintensiven Atmosphäre. Mit starren Blicken allein wird man die Homburger nicht schrecken können. Zwei Punkte und nur ein Platz trennen die Konkurrenten.

Jürgen Gronau, der Zeit seines Berufsfußballerlebens bei St. Pauli spielt, könnte von so mancher schicksalhafter Begegnung der beiden Klubs erzählen. So entspricht der momentane Tabellenstand genau der am Ende der Saison

1'84/'85. Homburg verblieb in der Zweiten Bundesliga, St. Pauli stieg ab. Ein Jahr später schaffte man den direkten Wiederaufstieg, Homburg durfte sogar bei der Elite der Ersten Klasse mitspielen. Und wieder 12 Monate später traf man sich bei den Relegationsspielen, die

1St. Pauli mit nur einem Tor weniger abschloß. Um 1988 dann endlich in die Erste Liga aufzusteigen. Von den Helden von einst spielen nur noch Gronau, Torwart Thomforde und Mittelfeldterrier Olck. Vor allem Gronau, der zu Bundesligazeiten brillierte, ist heute nur

1noch ein Schatten seiner selbst.

Den Atem der direkten Konkurrenten im Abstiegskampf spürt Pauli im Nacken. Unterhaching liegt punktgleich auf dem 18. und Braunschweig mit einem Punkt weniger auf dem 19. Platz. Kraft ist keine mehr da, nur noch Hoffnung.

1Und natürlich die überragenden Fans, die selbst die lange Reise ins Saarland nicht scheuen, um ihre Mannschaft anzufeuern. Falls man sich dann in letzter Minute gerettet hat, dürfte alle antrainierte Konzentration ausgelassenen Feiern weichen. Lotte