Muffe vorm schwarzen Leder

■ Befürchtungen vor den großen Open-Air-Konzerten von "U 2" und "Guns 'N Roses"

Muffe vorm schwarzen Leder

Befürchtungen vor den großen Open-Air-Konzerten von „U2“ und „Guns 'N Roses“

Viel Lärm um den Lärm: Wie spät am 9.Juni die irische Rockband „U2“ im Bremer Weserstadion die Verstärker ausschaltet und die AnwohnerInnen im Peterswerder ans Einschlafen denken können, ist zwischen dem Veranstalter und der Stadt umstritten. Das Stadtamt hat dem Konzert ausnahmsweise ein Ende erst um 23 Uhr genehmigt — die Veranstalterfirma „KPS“ dagegen will erst eine halbe Stunde später den Strom abdrehen.

Die aufwendige „Multi-Media- Show“ von „U2“ kommt erst bei Dunkelheit zur vollen Entfaltung, daher wollen die Rocker möglichst spät beginnen. Der ursprünglich in Hannover geplante Auftritt scheiterte dort an der späten Stunde und dem Lärmschutz. „Bremen ist im Bundesvergleich da sehr sehr liberal“, meint Hucky Heck, Leiter des Ortsamtes Mitte/Östliche Vorstadt. Immerhin wohnen um das Weserstadion Menschen, die am nächsten Tag früh zur Arbeit oder zur Schule müssen — anders als in anderen Bundesländern ist am nächsten Tag, Fronleichnam, nämlich kein Feiertag.

„Wir haben einen Vertrag, in dem steht 23 Uhr als Ende der Veranstaltung“, sagt Joachim Becker vom zuständige Stadtamt. Wenn die Gruppe überzieht, kann das saftige Vetragsstrafen und Bußgelder nach sich ziehen. Grundsätzlich, so Becker, gilt in Bremen 22 Uhr als Schluß für Open-Air- Konzerte, davon gebe es im Jahr drei Ausnahmen, „U2“ ist eine davon.

Auf eine mündliche Absprache für ein Ende um 23.30 Uhr dagegen beruft sich Roman Szemetat von KPS: „Wir sind in Verhandlungen, damit diese Zusage eingehalten wird.“

Auch beim zweiten Konzert im Juni hat Ortsamtsleiter Hucky Heck seine Bedenken: am 18 Juni spielt die Heavy-Metal-Band „Guns 'N Roses“ im Stadion. „Die Band ist ziemlich unberechenbar, der Sänger Axel Rose flippt ab und zu mal aus,“ sagt Heck. Es sei vorgekommen, daß er aus Angst vor Fotografen mitten im Konzert die Bühne verlassen habe. Wenn das in Bremen passiere, wo die ZuschauerInnen 60 Mark für die Karte zahlen, dann „flippt das Stadion aus“, befürchtet der Ortsamtsleiter. Er fordert vom Veranstalter ein „Deeskalationskonzept“ und ein Rahmenprogramm für die Fans.

„Das ist alles Quatsch mit der Gewalt“, sagt Claudia Lieberz von KPS. „Die Leute mit den langen Haaren und den Lederkutten sind das liebste Publikum, das man sich vorstellen kann.“ Seit zwei Jahren habe es mit der Band keine Probleme mehr gegeben. Ein spezielles Rahmenprogramm sei in Bremen nicht vorgesehen.

Reinhard Hoffmann vom Sportamt, Hausherr im Weser- Stadion, hat KPS aufgefordert, bis zum 7.Juni ein Konzept für Zwischenfälle beim Konzert vorzulegen. „Wir wollen wissen, was passiert, wenn die Band zum Beispiel vorzeitig die Bühne verläßt.“ Bei anderen Gruppen sei das nicht notwendig, sagt Hoffmann, aber bei „Guns 'N Roses“ habe es in der Vergangenheit Probleme gegeben. „Wenn die Stadt so ein Konzept will, dann bekommt sie es“, meint Roman Szemetat. „Wir haben keine Probleme damit, denn unser technischer Leiter hat das vielgepriesene Konzept für das Mannheimer Konzert im letzten Jahr erstellt.“

Ansonsten geben sich Sportamt und Polizei optimistisch: „Die Fans haben Erfahrung mit den Eigenheiten ihrer Idole“, meint Polizeisprecher Ralf Pestrup: „Die sind nun mal nicht so zuverlässig wie die Bundesbahn, sie fangen schon mal später an und spielen länger.“ Insgesamt sei alles nur ein Verkehrsproblem. Reinhard Hoffmann: „Wahrscheinlich wird das größte Problem sein, daß es hinterher im Stadion überall nach Urin stinkt.“

Die liberale Handhabung der Ausnahmeregelung über 22 Uhr hinweg könnte in Bremen bald ein Ende haben. Wenn ein Anwohner dagegen klage, so Joachim Becker vom Stadtamt, sei der Ausgang völlig offen: „Es gibt die Entscheidung eines Verwaltungsgerichts, die 22 Uhr als absolute Grenze setzt.“ Allerdings gibt es auch eine gegensätzliche Entscheidung.

Bernhard Pötter