■ Die bisherigen Strategien sind falsch: Drogen ohne Delinquenten
Viele Mediziner, Psychologen und Juristen wissen seit langem, daß sich um das Thema Drogen viele Mythen gesponnen haben, die wissenschaftlich unhaltbar sind. Der größte Teil dieser Experten stellt sie jedoch nicht in Frage. Aus Angst oder aus Bequemlichkeit. Einer dieser Mythen ist, daß Drogenbenutzer ihre Abhängigkeit mit Haschisch beginnen und dann überwechseln zu sogenannten harten Drogen.
In den letzten Jahren hat jedoch die Zahl derer zugenommen, die den Mythen keinen Glauben mehr schenken, sondern vielmehr darauf hinweisen, daß die bisherigen Strategien im Kampf gegen den Drogenhandel falsch sind. Die Erfahrung hat gezeigt, daß er mit repressiven Mitteln nicht zu bremsen ist. Die Gewinne aus dem illegalen Geschäft mit Drogen haben vielmehr inzwischen schwindelerregende Höhen erreicht. Geld, das es beispielsweise ermöglicht, Politiker, Polizisten und Richter in Drogenprozessen zu bestechen.
Die Illegalität von Drogen hat aber weitaus gefährlichere Konsequenzen. Sie ist verantwortlich für Krankheit und Tod. Es ist eben diese Illegalität, die zum Gebrauch von nichtsterilen Spritzen führt – in der heimlichen Atmosphäre von Hinterhöfen und Parks. Eine tragische Situation angesichts der Tatsache, daß ein großer Teil der Drogenabhängigen mit dem Aids-Virus infiziert ist. Was die Toxizität gewisser Drogen angeht, so gibt es eine unverantwortliche Übertreibung in der öffentlichen Diskussion.
Cannabis-Produkte und Opiate sind praktisch unschädlich – vorausgesetzt, sie werden mit Sachkenntnis gebraucht. Angesichts der Harmlosigkeit dieser Produkte, im Vergleich zur Schädlichkeit von Alkohol und Tabak, argumentieren die Gegner einer Drogen-Liberalisierung mit einer Scheinheiligkeit, die ans Absurde grenzt.
Drogenbenutzer werden heute zu Delinquenten gemacht. Ihre Straffälligkeit ist eine Frucht der Illegalität von Drogen, vor allem des Verbots von Heroin. Für mich ist daher die vernünftigste Lösung des Problems eine Liberalisierung des Gebrauchs aller Drogen, weich oder hart. Allerdings mit Schutzmechanismen für Minderjährige und unter Berücksichtigung der Charakteristika, die jede von ihnen aufweist.
Die Beschränkungen des Konsums von Alkohol und Tabak sind äußerst gering im Vergleich zu ihrer Gefährlichkeit. Die Beschränkungen des Konsums von heute illegalen Drogen sind dagegen exzessiv und haben viel schwerwiegendere Konsequenzen, als sie eine Liberalisierung je haben könnte. Dr. med. Eurico Figueiredo
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