Heroin hinter den Bergen

In Portugal kommen Drogenhändler selbst in den hintersten Winkel / Häfen eignen sich als Umschlagplatz für Kokain und Heroin  ■ Aus Lissabon Eduardo Dámaso

In Trás-os-Montes, hinter den Bergen im Norden Portugals, besteht die große Mehrheit der Bevölkerung aus armen Bauern und Bäuerinnen. Die Provinz ist eine der rückständigsten des Landes. Doch auch hierher, nach Trás-os- Montes, sind sie in jüngster Zeit gelangt, die Drogenhändler, und auch hier haben sie ihre Kunden gefunden. Kürzlich flog eine 30 Personen umfassende Händlergruppe auf, die sich dem Verkauf von harten Drogen verschrieben hatte. In den transmontanischen Dörfern und Städtchen gibt es Hunderte von drogenabhängigen Jugendlichen.

Ähnlich die Situation in einer anderen Agrarprovinz, dem Alentejo im Süden Portugals. Seit zwei Jahren ermitteln die Justizbehörden in der Provinzhauptstadt Beja gegen eine Gruppe von 40 RauschgifthändlerInnen. Auch im Distrikt Beja gibt es Hunderte von drogensüchtigen Jugendlichen. Diese beiden Fälle sind beispielhaft dafür, wie sich der Drogenhandel seit Anfang der neunziger Jahre in den ländlichen Gegenden Portugals ausgebreitet hat.

Zuvor war das Problem auf die Hafenstädte begrenzt. Aufgrund der besonderen Lage Portugals am äußersten Süd-West-Rand Europas funktionieren die Häfen wie eine Eingangstür, vor allem für Kokain aus Südamerika, aufgekauft von den großen Herren des Drogengeschäftes auf der Iberischen Halbinsel; Spanier aus Galizien, insbesondere aus Vigo, Pontevedra und Vila Garcia de Arousa.

Die bis vor einiger Zeit nur unzulängliche Wachsamkeit der Portugiesen vor ihrer Küste sorgte für Spannungen zwischen den Sicherheitsbehörden Portugals und Spaniens. Denn die SpanierInnen müssen sich schon seit weit mehr als zehn Jahren mit dem Drogenproblem herumschlagen. Und die öffentliche Meinung macht den PolitikerInnen Druck, etwas dagegen zu unternehmen. Grund genug für die Sozialistische Partei Spaniens, den bekannten andalusischen Richter Baltazar Garzón, der im Kampf gegen das Drogenproblem eine harte Linie vertritt, als einen ihrer Kandidaten für die kommenden Parlamentswahlen aufzustellen.

Portugal ist für den Kokainhandel nur eine Durchgangsstation. Im Land selbst verbleiben lediglich kleine Mengen – als Bezahlung für den Empfang an der Küste und den Weitertransport nach Spanien. Anders sieht es beim Heroin aus. Der größte Teil des Heroins, das nach Portugal geschmuggelt wird, ist zum Konsum innerhalb des Landes bestimmt. Heroin ist die am leichtesten aufzutreibende Droge für die Jugendlichen in den Lissaboner Elendsvierteln Casal Ventoso, Curraleira und Camboja oder im Stadtteil Sé in Poro.

Dies betrachtet die Polizei als das schwerwiegendste Problem. Immer größere Mengen Heroin werden beschlagnahmt. Und unter den wegen Drogenhandels Festgenommenen befinden sich immer mehr Personen aus den Herstellungsländern, besonders aus der Türkei. Dies sind Anzeichen dafür, daß sich der portugiesische Drogenmarkt in raschem Wachstum befindet.

Nach Angaben des Arztes und Drogenexperten Paulo Mendo sind inzwischen rund zehn Prozent der Jugendlichen in Portugal drogenabhängig. Angesichts der Erfolglosigkeit der bisherigen Mittel im Kampf gegen den Rauschgifthandel tritt er deshalb für eine völlige Freigabe von Drogen ein.

Der Autor ist Redakteur der portugiesischen Zeitung „Público“.