Gegenwind für Bill Clintons Steuerpaket

■ US-Kongreß stimmt zwar zu, doch der Widerstand gegen die Enegiesteuer wächst

Berlin (taz) – Tomas Foley ist ein Freund großer Gesten. „Wenn wir nichts unternehmen würden“, beschwor der einflußreiche Vorsitzende des Repräsentantenhauses die Abgeordneten in einer aufwühlenden Ansprache, „wäre das die größte Zumutung für die Menschen in Amerika.“ Die starken Worte zeigten Wirkung: Mit einer hauchdünnen Mehrheit von 219 zu 213 Stimmen billigte das Parlament am Donnerstag die von Bill Clinton vorgeschlagenen Steuererhöhungen.

Dem US-Präsident fiel nach der Abstimmung ein Stein vom Herzen: Die Abgeordneten hätten „nein gesagt zu Stillstand, nein zum Status quo und nein zu den Interessensgruppen“. Doch das bedeutet gar nichts: noch muß der Senat zustimmen. Zwar besitzen auch dort die regierenden Demokraten die Mehrheit, doch niemand glaubt ernsthaft, daß das Gesamtpaket diese Hürde ohne größere Änderungen nimmt. Schon jetzt haben einige demokratische Senatoren angekündigt, die Energiesteuer, mit dem die US-Regierung gleichzeitig einen Kurswechsel in der Umweltpolitik vollziehen will, wieder herauszustreichen.

Bis zur letzten Minute waren die Steuererhöhungen, das Kernstück des Haushaltssanierungsprogramms in Höhe von 500 Milliarden US-Dollar in den Reihen der Abgeordneten heftig umstritten. Das Gesetz, das Einnahmen von 275 Milliarden in die leeren Staatskassen schaffen soll, sieht unter anderem eine Erhöhung des Spitzensteuersatzes für jährliche Einkommen über 115.000 Dollar von 31 auf 36 Prozent vor. Jahreseinkommen über 250.000 Dollar sollen mit einem Steuerzuschlag von zehn Prozent belegt werden. Für Unternehmen wird die Körperschaftssteuer von 34 auf 35 Prozent erhöht.

Rund 71 Milliarden Dollar oder 22 Prozent der neuen Steuerabgaben soll die Energiesteuer einbringen, deren Bemessungsgrundlage der Wärmegehalt der jeweiligen Energieträger ist. Zusammen mit Ausgabenkürzungen von rund 250 Milliarden Dollar will die Clinton- Administration das gigantische Haushaltsdefizit von derzeit annähernd 300 Milliarden Dollar jährlich in den kommenden fünf Jahren stufenweise halbieren.

Doch längst nicht alle Abgeordneten können sich mit diesem bisher ehrgeizigsten Versuch in der Geschichte der USA, die Staatsverschuldung einzudämmen, so recht anfreunden. Den einen geht dies alles noch immer zuwenig weit, andere verlangen nach einem deutlich behutsameren Vorgehen. Angesichts der täglich neuen Meldungen aus der Wirtschaft, weniger zu investieren und mehr Beschäftigte zu entlassen, haben die republikanischen Kongreßmitglieder schon vor Wochen aufgefordert, seine „tax-and-spend-campaign“ unverzüglich zu beenden.

Doch Clinton muß auch um die Stimmen aus seinen eigenen Reihen fürchten: 38 der 257 demokratischen Kongreßabgeordneten stimmten gegen das Wirtschaftsprogramm. Vor allem die konservativen Demokraten aus den erdölreichen Südstaaten, angeführt von den Senatoren David Boren und John Breaux, attakieren die Energiesteuer und wollen statt dessen lieber Kürzungen im Sozialbudget hinnehmen. Von seiten der Ölindustie als auch anderen Industriezweigen mit energieintensiver Produktion werden die Pläne seit langem als wettbewerbsfeindlich und zu kostenintensiv abgelehnt. Es sei einfach unmoralisch, konterte Clinton, wenn eine mächtige Interessengruppe versuche, das Programm zum Scheitern zu bringen und von den niedrigeren Einkommensschichten höhere Leistungen verlange, um selbst weniger zahlen zu müssen. Erwin Single