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Kompetenz-Tarzan verläßt Filzdschungel

■ Mit dem konservativen Sozialdemokraten Hans Fahning geht außergewöhnlich fähiger Stadtstaatsbankier in den Ruhestand.

geht außergewöhnlich fähiger Stadtstaatsbankier in den Ruhestand.

Wachablösung im potthäßlichen Betonmittelgebirge am Gerhard- Hauptmann-Platz: Heute endet die 20jährige Bankiersära des mehrfachen Staatsrates Hans Fahning (68) an der Spitze der Hamburgischen Landesbank. Nachfolger Werner Schulz findet — ungewöhnlich im Hamburger Filzdschungel — große Fußstapfen vor.

Wie nicht erst seit dem Diäten- Skandal bekannt, haben Hamburgs Sozialdemokraten ein umfangreiches soziales Netz unter ihren politischen Spitzenfunktionären gespannt. Die Jobvergabe nach den Kriterien Versorgungsdenken und SPD-Filz führen nur selten die richtigen Leute an die richtige Stelle. Ausnahme Hans Fahning bestätigt da nur die Regel.

1925 geboren, nahm seine Karriere nach der Promotion im Jahr 1953 (in Volkswirtschaft bei Karl Schiller) einen steilen Verlauf: Bis 1961 hatte der blitzgescheite Ökonom, damals noch ungewöhnlich, praktisch alle Stufen des Höheren Verwaltungsdienstes in der Wirtschaftsbehörde durchlaufen. Fünf Jahre lang, bis 1966, managte er als Leitender Regierungsdirektor die Hamburg-Vertretung in Bonn.

Als ihn Bürgermeister Herbert Weichmann 1966 zum Chef der Senatskanzlei berief, stand das Nachkriegs-Hamburg in seiner Wirtschaftswunder-Hochblüte. Fahning gestaltete als einer der wichtigsten Zuarbeiter Weichmanns jene Ära entscheidend mit.

Obwohl gerade von 1966 bis 1973 viele Weichen der Stadtentwicklung aus blindem Wachstumsglauben falsch gestellt wurden, waren es für Hamburg und die SPD die letzten wirklich goldenen Jahre. Als Fahning 1973 mit dem Ende der Ära Weichmann geschäftsführender Direktor der Hamburgischen Landesbank wurde, schaffte er gerade noch rechtzeitig den Absprung: Den Strukturbruch der 70er Jahre und die zähe, trostlose Strukturkrise der 80er erlebte er vom sicheren Direktorenposten aus.

In einer Mischung aus hanseatischer Betulichkeit und fachlicher Kompetenz machte er die Landesbank zu einem hochprofitablen Unternehmen, das seine Marktnische mit Spezialgeschäften (u.a. Schiffskredite) und einer festen Verankerung in der Wirtschaft Hamburgs genial ausfüllt. Fahning sorgte für moderne Managementmethoden und widerstand der Versuchung ungezügelter Expansion, ohne die betriebswirtschaftliche Banknotwendigkeit kräftigen und anhaltenden Wachstums aus den Augen zu verlieren.

Fahning nutzte die Möglichkeiten seines Jobs und ging seiner Lust an Ratgebertätigkeit, die er aus der Senatskanzlei mitbrachte, zwar dezent, aber doch überaus kräftig nach. Die volkswirtschaftliche Abteilung seiner Bank baute er zu diesem Zweck zu dem besten lokalen Wirtschaftsanalyse-Instrument aus, das die Stadt gegenwärtig besitzt. Seine Ratschläge und Ansichten waren zwar meist in die Wolle gefärbt konservativ-sozialdemokratisch, dafür aber präzise, analytisch genau und unbestechlich.

Sein Herz blutete, als HSV-Chef Jürgen Huhnke mit dem HSV-Monopoly begann, er mahnte immer wieder eine Modernisierung der Hamburger Verwaltung an und hält vom derzeit regierenden Juristen Henning Voscherau herzlich wenig.

Fahning räumt jetzt mit 68 Jahren freiwillig seinen Platz, nachdem er erkennen mußte, daß sein Ziel einer einheitlichen norddeutschen Landesbank mit Sitz in Hamburg an Länderfilz und Landesegoismus scheiterte. SPD-Parteichef Helmuth Frahm, der Mann mit dem goldenen Herzen für rechte SPD-Sentimentalität, hat Hans Fahning dafür fest im Visier: Frahm möchte die Erfahrung und das Wissen des Oldies für die Partei weiter nutzbar machen. Fahning wird auch weiter Ratgeber sein dürfen. Florian Marten

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