Hamburgs Grüne üben Wahlkampf-Spagat

■ Wo bitte geht's zur Koalition? / Zwei GAL-Wahlkampfpapiere sollen den richtigen Weg auf die Regierungsbank weisen

sollen den richtigen Weg auf die Regierungsbank weisen

Rot-grün? Was sonst. Aber wie? Am Wochenende wollen sich Hamburgs Grüne auf eine Wahlkampfplattform für die Bürgerschaftsneuwahlen einigen. Ein grober Leitfaden für den unentschlossenen Wähler, aber auch ein erster Pflock für mögliche Koalitionsverhandlungen mit der SPD. Und wie es sich für die streiterprobte GAL gehört, werden der Mitgliederversammlung zwei Entwürfe vorliegen, die die Auseinandersetzung zwischen „linken“ Radikal-Reformern und „rechten“ Pragmatikern wiederspiegeln.

Entwurf 1, verfaßt von den Alt- Fundis Andreas Bachmann, Susanne Uhl, Norbert Hackbusch und anderen beginnt mit der kämpferischen Forderung „Hamburg braucht eine radikale Umkehr.“ Zu diesem Zweck müsse das „Primat des Profits an vielen Knotenpunkten der Stadtentwicklung gebrochen werden“. Wie das funktionieren soll? „Vielfältige Aktionen, Regelverletzungen, alternative Gedanken und Modelle, öffentlicher Druck und auch Parlamentspolitik,“ verheißt der Entwurf noch etwas schwammig, wobei unter „Parlamentspolitik“ künftig nicht mehr ausschließlich Opposition, sondern auch eine Koalition mit der SPD denkbar sei.

Ein Spagat. Denn unter der Überschrift „Widerspruch“ heißt es dann: „Wir wollen weiterhin gesellschaftliche Opposition gegen diese Tendenzen sein.“ Als da wären: Armut, Ausländerfeindlichkeit, Militarisierung, Bedrohung der Lebensgrundlagen der „Dritten Welt“. Und, eine Nummer kleiner, gegen die Tendenzen am Dienstleistungsstandort Hamburg: „Werbeetats werden reduziert, Banken haben Kreditausfälle zu beklagen, im Medienbereich herrscht massiver Verdrängungswettbewerb, der auch die Großen der Branche trifft.“ Auch dagegen soll die GAL nach dem Willen der Fundis opponieren.

Reformiert werden soll aber auch und zwar so: Programm zur Rettung der ABM-Projekte, mehr Stellen für die Kinderbetreuung, Erhöhung der Sozialhilfe, Neubauprogramme, menschenwürdige Unterbringung von Flüchtlingen, ökologische Abfallwirtschaft, Straßenbahn undsoweiterundsofort.

Ziele, die zum Teil auch der zweite Entwurf beinhaltet, den die Realos Sabine Boehlich, Wilfried Maier und Rainer Scheppelmann zu Papier gebracht haben. Sie verzichten auf fundamental-oppositionelle Rhetorik und kostenintensive Forderungen, beschränken sich darauf, das rotgrüne Bündnis, als einzige „realistische Alternative“ zur absoluten Mehrheit der SPD zu empfehlen. Allerdings kommen auch die Realos nicht ohne Spagat aus, denn „eigentlich müßte die SPD aus Gründen demokratischer Selbstreinigung als Regierungspartei abgelöst werden“. Geht aber nicht. Wegen der zu erwartenden Mehrheitsverhältnisse und „aufgrund des Zustands“ von CDU und FDP.

Statt dessen rotgrünes „Reformbündnis“ mit diesen Essentials: Wohnungs- statt Bürobau, keine Räumung der Hafenstraße, Straßenrückbau zugunsten von Fußgängern und Radfahrern, keine 4. Elbtunnelröhre, qualitatives statt quantitatives Wachstum, keine Hafenerweiterung in Altenwerder. uex