Verkauft und ausgeflaggt

■ Betriebsrat und Belegschaft der ehemaligen DDR-Reederei protestieren gegen Entscheidung der Treuhandgesellschaft

Rostock/Berlin (AP/dpa/taz) – Feiertagslaune kam nicht auf, nicht bloß der grauen Wolken wegen. Vor fröstelnden Touristen haben Belegschaftsangehörige der ehemaligen DDR-Seereederei (DSR) am Sonntag auf der Mole von Warnemünde demonstriert. Sie fühlen sich mal wieder von der Treuhandanstalt „verraten und verkauft“.

Die Berliner Abwickler haben am Freitag abend beschlossen, die Staatsreederei, einst im Besitz von 161 Handelsschiffen, an das Hamburger Konsortium Rahe und Schües zu verkaufen. Die Mittelständler wollen aus der sozialistischen Altlast eine Vergnügungsflotte unter übewiegend ausländischer Billigflagge machen.

Das zumindest befürchtet der DSR-Betriebsratsvorsitzende Eberhard Wagner. Der Treuhand- Entscheidung war ein monatelanges Tauziehen mit der Bremer Vulkan AG vorausgegangen, die angeboten hatte, die verbliebenen DSR-Schiffe nach „klassischem Konzept“ (so Treuhandsprecher Wolf Schöde) zu bereedern. Die Bremer hatten noch am Freitag Investitionserhöhungen und Arbeitsplatzgarantien zugesichert.

Aber den Treuhändern gefielen die Newcomer besser: „Das Hamburger Unternehmen plane die Diversifizierung der Transportdienstleistungen der DSR“, ließ der Vorstand nach seiner Sitzung in Bonn verlautbaren. Rahe und Schües wollen vor allem die Touristik- und Kreuzschiffahrt ausbauen und haben gegenüber dem Beteriebsrat schon angekündigt, daß „Ausflaggungen und Eintragungen ins Zweitregister vorangetrieben werden“.

Sicher ist, daß die neuen Besitzer nur 2.225 von derzeit 3.590 Beschäftigten übernehmen werden. „Ein Handstreich“, empört sich der Betriebsrat, diese Privatisierung habe „weder etwas mit Sachkenntnis noch mit Demokratie zu tun“. Das Bundesfinanzministerium muß dem Verkauf noch zustimmen. Wagner kündigte gestern für diese Woche „weitere spektakuläre Aktionen gegen den Arbeitsplatzabbau“ an. nh