■ Cash & Crash: Der Dreh des Dollar
Bill Clinton macht es einem nicht gerade leicht. Eine sündhaft teure Friseurrechnung, Unregelmäßigkeiten in seiner Reisekasse, verwirrende Kostenvoranschläge für seine Reformpakete und immer neue Statistiken über die Schuldenberge - mit Zahlen scheint der US-Präsident auf Kriegsfuß zu stehen. Und wie sich die Geister in Amerika an dem smarten Hoffnungsträger scheiden, so uneinig ist sich die Finanzwelt über seinen wirtschaftspolitischen Kurs. Denn so wankelmütig wie der Präsdent geziemt sich der Greenback, die Reservewährung Number One auf dem Globus. Mal rauf, mal runter – seit Wochen muß die weltweite Gemeinde der Dollar- Dealer einen strapaziösen Handelstag nach dem anderen verkraften. An den Devisenbörsen werden täglich bis zu 800 Milliarden Dollar umgesetzt, der größte Teil des Welthandels wird in der US-Währung abgerechnet, weshalb nicht zuletzt die Weltwirtschaft vom Dollar-Geschick abhängt. Ganze volkswirtschaftliche Stäbe der Banken, Unternehmen und Regierungen zerbrechen sich deshalb den Kopf über verläßliche Prognosen.
Wer sich den derzeitigen Dollarkurs anschaut, könnte fast meinen, das Auf und Ab sei geradezu dem Zufall überlassen. Doch dem ist nicht so, vielmehr bestimmen harte Fakten und weiche Hoffnungen den Kurs. Letztere haben allerdings schon schwer gelitten, weil die politische wie wirtschaftliche Offenbarung Clintons bislang ausblieb. Bleiben also die Tatsachen: Die US-Wirtschaft kommt nicht in Schwung, im rezessionsgeplagten Europa gehen die Zinsen nur in von der Bundesbank verordneten Trippelschritten zurück. Das alles macht das Amigeld nicht gerade stark. Der Clinton- Administration gar scheint ein schwacher Dollar ganz gut zu gefallen, hat sie doch mit der Yen- Hausse im fernen Japan ein bequemenes Mittel gegen den japanischen Handelsbilanzüberschuß in der Hand. Die Dollarschwäche gegenüber dem Yen wiederum hilft der D-Mark zu einer besseren Notierung. Das funktioniert jedoch nur so lange, wie Europa seinen ökonomischen Schwächeanfall kaschieren kann. Und schon die Wahl in Spanien könnte eine neue Runde im europäischen Währungskrimi einleiten, wovon der Dollar profitieren würde. Denn letztendlich wird an den Devisenmärkten das Vertrauen getestet - und da steht nicht nur Clinton, sondern auch Felipe Gonzales und spätestens nächstes Jahr Helmut Kohl auf dem Prüfstand. Erwin Single
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen