Erster Mordbrenner gesteht

■ Bundeskriminalamt fahndet nach vier Skinheads / Von Weizsäcker redet bei der Trauerfeier

Karlsruhe (dpa/taz) – Drei Tage nach dem Mord an fünf türkischen Mädchen und Frauen in Solingen, präsentierte das Bundeskriminalamt gestern einen ersten Täter. Der bereits am Montag verhaftete 16 Jahre alte Jugendliche gab zu, an dem tödlichen Brandanschlag beteiligt gewesen zu sein, und beschrieb gegenüber dem BKA vier Mittäter, nach denen nun gefahndet wird. Nach Angaben der Polizei bezeichnete der geständige Jugendliche, dessen Identität das BKA bislang geheimhält, die vier anderen Täter als Skinheads im Alter zwischen 18 und 25 Jahren. Er nannte lediglich von zwei Männern den Vornamen oder Spitznamen, die anderen beiden kannte er offenbar nur vom Ansehen. Über biographische Hintergründe des geständigen Jugendlichen, mögliche Motive der Tat und Zusammenhänge mit der rechtsradikalen Szene ist bislang noch nichts bekannt. Auch zu den übrigen Tatverdächtigen beschränken sich die Polizeiangaben auf äußere Kennzeichen. Ob die Männer, nach denen nun gefahndet wird, organisierte Neofaschisten sein sollen, blieb gestern unklar. Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Schnoor erklärte im Westdeutschen Rundfunk, er rechne schon bald mit weiteren Festnahmen. In demselben Interview kündigte Schnoor ein „hartes Vorgehen“ gegen angebliche Rädelsführer der nächtlichen Proteste in Solingen an. „Ich hoffe, daß wir genügend Beweise haben, um den Tätern, die hier als Rädelsführer, als Aufheizer oder auch als Gewalttäter aufgetreten sind, ihre Straftaten nachzuweisen, und dann werde ich sie unerbittlich ausweisen“, erklärte der Minister. Auch Bundeskanzler Kohl, der sich bislang nicht nach Solingen bemühte und auch an der Trauerfeier am Donnerstag nicht teilnehmen will, verurteilte gemeinsam mit Ministerpräsident Rau „jede Form von Gegengewalt und Selbstjustiz“. Unterdessen drängten Sprecher von Bündnis 90/Grüne und SPD darauf, als ein Zeichen an die in Deutschland lebenden Immigranten jetzt wenigstens die doppelte Staatsangehörigkeit zuzulassen. Die Ausländerbeauftragte Schmalz-Jacobsen verlangte eine „weitestgehende rechtliche Gleichstellung von deutscher und nichtdeutscher Bevölkerung“. Außenminister Kinkel glänzte dagegen mit der Einschätzung, die Einführung einer doppelten Staatsbürgerschaft wäre „Wasser auf die Mühlen derjenigen, die so schreckliche Taten begehen“. Auch die CDU-Innenpolitiker Seiters und Gerster sehen keinen Zusammenhang zwischen Brandanschlägen auf ImmigrantInnen und der Einführung der Einbürgerungserleichterung. Die SPD fordert zu dem Thema eine Sondersitzung des Bundestages. Bei der am Donnerstag in einer Kölner Moschee stattfindenden Trauerfeier wird Bundespräsident von Weizsäcker reden. Die ÖTV forderte ihre Mitglieder auf, während der Trauerfeier für 15 Minuten die Arbeit niederzulegen. Tagesthema Seiten 2/3, Kommentar Seite 10