Quast's neue Ernte

■ Hamburgs erster Windpark steht mitten in einer Apfelbaumplantage / Obstbauer Herbert Quast macht's möglich

steht mitten in einer Apfelbaumplantage / Obstbauer Herbert Quast macht's möglich

Frei nach dem Motto: Wer Wind sät wird Strom ernten, hat Hamburg jetzt auch einen eigenen „Windpark“. Mit dem unvermeindlichen Knopfdruck setzte Umweltsenator Fritz Vahrenholt im alten Land gestern drei kombinierte Windräder in Gang.

Nach einminütiger Verzögerung — die an den Start des Farbfernsehens durch Willi Brandt erinnerte — fingen die Rotorblätter auch tatsächlich an, sich zu drehen. 900 000 Kilowatt Strom sollen sie laut Ingenieur Jens Heidorn jährlich erzeugen, was etwa den Energiebedarf von 400 äußerst sparsamen 4-Personen-Haushalten deckt. 1,7 Millionen Mark hat die Anlage gekostet, 550 000 Mark gab die Umweltbehörde dazu.

Den Löwenanteil jedoch bezahlte der sonst durch Obstanbau bekannte Herbert Quast, auf dessen Grundstück die „Windmühlen“ zwischen Apfelbäumen stehen. „Am wichtigsten war für mich der Umweltgedanke“, sagte Quast gestern bei der Eröffnungsfeier. Atomkraft ist für den Apfelbauern keine Diskussion mehr wert: „Die halt ich nicht mal für sozialverträglich“. Anderthalb Jahre dauerten die Bauarbeiten bis zur Fertigstellung der 42 Meter hohen Masten.

So ganz ohne Probleme ging das natürlich nicht ab: Eine Straße mußte durch Quasts Apfelplantage gelegt werden, und bei Errichtung der Masten fiel auch noch der Kranwagen um. Den Löwenanteil der Quastschen Widrigkeiten lieferten jedoch die Behörden, deren Mühlen bekanntermaßen langsam mahlen. So mußte die Anlage erst nach dem Bundesemissionsgesetz genehmigt werden, das sonst eher den Bau großer Industriekomplexe oder Atomkraftwerke regelt. „Zukünftige Windkraftanlagen fallen aus diesem Genehmigungsverfahren jedoch raus,“ sagte Umweltsenator Vahrenholt und versprach, daß dann alles schneller ginge.

Die Windkraftanlage lohnt sich auch in finanzieller Hinsicht: So bekommt Bauer Quast für jede eingespeiste Kilowattstunde rund 32 Pfennig. 16 Pfennig gemäß bundesdeutschem Einspeisegesetz, 10 Groschen Umweltbonus von Brokdorf-anteilseigner HEW und sechs Pfennige soll's auch noch vom Bund geben. Wenn der Wind durchbläst, hat Herbert Quast dann in einem Jahr 288 000 Mark zusammen — also auch kaufmännisch durchaus lukrativ. Aus ökologischer Sicht hat sich die Anlage jetzt schon rentiert: 260 000 Kilogramm Steinkohle brauchen nicht verfeuert zu werden. Das erspart der Umwelt 4260 Kilogramm Schwefeldioxyd, 2184 Kilo Stickoxyd, 702 Kilo Kohlenmonoxyd, 140 Kilo Staub, rund 870 Tonnen Kohlendioxyd oder 2,2 Kilogramm Atommüll. Gemessen am Gesamtverbrauch liefern Hamburgs Wind-, Wasser- und Solarkräfte aber noch nicht mal ein Prozent des Strombedarfs. Dazu der Tip Herbert Quasts: Stromsparen!. Andrew Ruch