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"Gewalt ist der falsche Weg"

■ Hüseyin Yilmaz, DGB-Sekretär für ausländische Arbeitnehmer

»Gewalt ist der falsche Weg«

Hüseyin Yilmaz, DGB-Sekretär für ausländische Arbeitnehmer

taz: Gestern haben zahlreiche Schüler und Ladenbesitzer gestreikt. Wozu ruft denn der DGB- Ausländerbeauftragte auf?

Yilmaz: Der Ausländerbeauftragte kann nicht zu etwas aufrufen. Das müssen die Einzelgewerkschaften machen. Ich kann nur Vorschläge machen und dazu beitragen, daß wirksame, nach außen sichtbare Aktionen zustande kommen.

taz: Was plant denn der DGB?

Yilmaz: Wir rufen für Samstag zu einer großen Demonstration auf. HBV, ÖTV und GEW rufen für morgen zu fünf Minuten Arbeitsniederlegung auf.

taz: Es gab Aufrufe, zur Selbstverteidigung und Bewaffnung.

Yilmaz: In einem Moment, wo die Leute angegriffen werden und Menschen sterben, ist die Wut sehr groß. Aber Selbstjustiz ist der falsche Weg. Ich denke, die Politik muß verhindern, daß unsere Jugendlichen zur Selbstverteidigung gezwungen werden.

taz: Besteht auch in Hamburg die Gefahr der Eskalation?

Yilmaz: Nein. In der Form, wie es in den letzten Tagen in Solingen passiert ist, kann ich es mir für Hamburg nicht vorstellen. Nach Mölln und nach der Ermordung von Ramasan Avci hatten sich auch Gruppierungen zusammengefunden, die haben sich wieder aufgelöst. Ich befürchte schon, daß nach solchen Ereignissen radikale, nationalistische Gruppen Auftrieb erhalten. Allerdings, wenn man die Zahlen vergleicht, wieviele Menschen aus der Türkei hier leben und wieviele randalieren, dann ist das sehr wenig. Aber wenn man keinen Weg für ein friedliches Zusammenleben findet, kann das in Zukunft nicht mehr verhindert werden. Man kann sich nach Solingen nicht hinstellen und fordern, die Türken müssen ruhig sein.

taz: Was fordern Sie von Bonn?

Yilmaz: Ich denke, die Bürger und Bürgerinnen dieses Landes müssen wissen, daß wir auf Dauer hier sind. Ich betone immer wieder, wo ich bin, ich bleibe in Hamburg. Damit das klar wird, brauchen wir eine politische und soziale Gleichstellung. Gleiche Rechte, doppelte Staatsbürgerschaft, Wahlrecht und Niederlassungsrecht. Zweitens darf man diese rechtsradikalen Organisationen nicht länger unterschätzen. Es gab ja andere Brandanschläge am gleichen Tag. Aber ich denke, das wichtigste ist, daß wir jetzt einen Weg des friedlichen Zusammenlebens finden. Fragen:kaj

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