Stadtwerke-Märchen..

■ .. über Nicht-wissen-wollen und Erinnerungslücken

Der Stadtwerke-Untersuchungsausschuß bohrt und bohrt — verzweifelt schwerfällig ist die Erinnerungsarbeit. Immer wieder dieselbe Ahnungslosigkeit, wenn es um Querverweise zwischen SPD und dieser Stadtwerke-Spende geht.

Anke Fuchs etwa, frühere SPD-Bundesgeschäftsführerin. Sie wünscht sich freimütig mehr Spenden von kommunalen Unternehmen an Parteien. Gleichzeitig sagt sie, sie habe keine komischen Gefühle dabei gehabt, daß sie sich für den Rückhol- Wunsch der Stadtwerke einsetzen sollte, ohne die Gründe zu kennen oder sich Gründe wenigstens zu denken (“Ich habe weder nachgedacht noch Gefühle gehabt“) — sie tat es einfach.

Die Erinnerungslosigkeit ist phänomenal. Im Falle Czichon hat dessen Anwalt Bandisch gestern versucht, Lücken aufzufüllen (auf eidliche Falschaussage steht mindestens ein Jahr Freiheitsstrafe). Zur Erinnerung: In seiner ersten Aussage hatte Czichon erklärt, er habe während seiner Kur über den durch die Spenden-Diskussion angeregten Schaden nachgedacht, nur mit seiner Frau darüber gesprochen und schließlich nach seinem Urlaub Ende Juli Frau Fuchs gebeten, sich für die Rücküberweisung einzusetzen. Auf ausdrückliche Nachfrage erklärte er, mit der SPD habe er aus der Kur nicht telefoniert.

In seiner zweiten Vernehmung rutschte Czichon heraus, er habe doch „wenige Tage vor dem Ende der Kur“ im Bremer SPD-Büro angerufen. Wen er dort erreicht habe, wisse er nicht. Der damalige SPD-Landeschef Isola erinnert sich, daß immerhin er es war, mit dem Czichon telefoniert hatte.

Gestern wurde nun dem Ausschuß die Telefon-Liste Czichons aus seinem Kur-Urlaub dem Ausschuß überreicht, die dank der tatkräftigen Hilfe von Czichons Frau gefunden wurde. Und siehe da: Vier Telefonate zur Bremer SPD, bis hin zur Privatwohnung versucht Czichon Anfang Juli, den Bremer SPD- Schatzmeister zu erreichen. Offenbar vergeblich: Es war ausgerechnet der Tag, an dem Heiner Erling sich auf den Weg nach Bonn gemacht hatte, um im Auftrag seiner Parteiorganisation die Bonner SPD um Rücküberweisung einer Spende zu bitten, die gar nicht von der Bremer SPD geleistet war.

Wedemeier unterstrich gestern, daß er von derartigen informellen Vorgesprächen damals nichts erfahren habe. Im Oktober 1992 habe er überhaupt erst von der Zahlung der zweiten Rate und ihrer Rücküberweisung erfahren. In der Telefonliste des Kurhotels findet sich nun allerdings eine Eintragung vom „22.6., 15.48 Uhr“: Gespräch mit dem Rathaus. Dies war der Tag, an der der „Spiegel“ erschien mit dem Text über die Stadtwerke- Spenden und dem Czichon-Zitat, Spenden seien „immer in Kenntnis und Übereinstimmung mit dem Aufsichtratsvorsitzenden passiert“. Was Czichon an diesem Tag aus der Kur so eilig mit Wedemeier zu besprechen hatte und warum er dies bisher dem Ausschuß nicht für mitteilenswert gehalten hat, wird er am Freitag erklären können. K.W.