■ Im grün-weißen Bienenstock
: Gestern bei Werders

Im grün-weißen Bienenstock

Gestern bei Werders

Dietmar Beiersdorfer stutzte kurz, bevor er den Stift zum Autogramm ansetzte. Da lag auf dem Tresen der Geschäftsstelle von Werder Bremen ein Fahndungsfoto aus dem Jahr 1986. Ein Fan hatte es für eine Unterschrift geschickt: Das Bild zeigte eine Art Horst Hrubesch mit der Frisur von Udo Lindenberg, als der noch Haare hatte. Andreas Herzog grinste schadenfroh, als er das sah.

Die Medien rannten Werder gestern die Tür ein. Lockeres Training für die Mannschaft auf Platz 11. Aufwärmen, ein paar Sprungübungen, dann ein Spielchen acht auf acht. „Nein“, sagt Uli Borowka, „eine Glatze wird es im Falle einer Meisterschaft nicht geben. Das kam damals spontan, das macht man nur einmal.“ Trainer Otto Rehhagel empfängt die verschiedenen Kamerateams mit Geduld. „Ich bin ja mal gespannt, wann Sie sich ein paar neue Fragen ausdenken“, pisackt er einen Journalisten. „Natürlich verrate ich Ihnen meine Taktik nicht. Ein Schachspieler posaunt ja auch nicht seine Eröffnung in der Gegend herum.“

Nach dem Training brummt es in der Geschäftsstelle immer noch wie im Bienenkorb. Gregor Gysi taucht plötzlich auf und bittet um eine Audienz bei Otto Rehhagel. „Werder und die PDS, zwei aufstrebende Teams“, scherzt der Bundestagsabgeordnete der PDS/Linke Liste.

Heute Mittag fliegt Werder nach Stuttgart, am Samstag werden etwa 5.000 Bremer im Stuttgarter Gottlieb-Daimler-Stadion Werder die Daumen drücken. Für die Daheimgebliebenen sollte es eine Live-Übertragung aus Stuttgart via Fernsehen auf dem Bremer Marktplatz geben. Plötzlich der Anruf vom Staatsrat für Inneres, Dr. Helmut Kauther, bei Manager Willi Lemke. Weil es eine Solidaritätsdemonstration für die Opfer von Solingen am Samstag gibt, sieht der Innensenator die öffentliche Sicherheit gefährdet. Eine formelle Entscheidung darüber, was wann wie stattfindet, soll heute früh fallen. „Es ist aber wahrscheinlich, das die Übertragung stattfinden wird“, sagt Merve Pagenhardt, Sprecherin des Innensenators. Beim Innensenator befürchtet man autonome Übergriffe und „Hamburger Verhältnisse“.

Bremer Verhältnisse wird es auf jeden Fall am Sonntag auf dem Marktplatz geben, wenn Werder Deutscher Fußball-Meister wird. Die Party soll dort dann ab 12 Uhr steigen. mad