■ Das Portrait
: José Maria Aznar

Von kleinem Wuchs, geölte, wellige Haare, ein buschiger schwarzer Schnurrbart und wenn er lacht, bleckt er riesige Zähne. José Maria Aznar, der Spitzenkandidat der spanischen rechten „Volkspartei“ für die Parlamentswahlen am kommenden Sonntag erinnert an eine Charlie-Chaplin-Karikatur. Freilich ohne dessen ausgebeulte Hosen: Dafür, daß ihr Ehemann immer in tadellosen, nicht zu modernen Anzügen steckt, sorgt schon Ana Botella, die starke Frau hinter dem Kandidaten.

Foto: Reuter

Der Kandidat hat sich in aller Ruhe einen Weg durch die innenpolitischen Turbulenzen gebahnt: Vor vierzig Jahren in einer kleinbürgerlichen Familie in Madrid geboren, eine elitäre Privatschule besucht, Jura studiert, einen Posten als Finanzinspektor ergattert und Ana Botella geheiratet. Obwohl eher dem Zentrismus zugeneigt, trat Aznar 1979 der Rechtspartei des ehemaligen frankistischen Informationsministers Manuel Fraga bei und machte dort diskret und beharrlich Karriere. Als Ministerpräsident der rechten Provinz Castillay Leon wurde Aznar 1990 vom alternden Fraga zum Nachfolger im Parteivorsitz gekürt.

Alle waren sicher, daß Aznar sich genau wie seine Vorgänger bald in der um ihre Identität kämpfenden Rechtspartei aufreiben lassen würde. Doch mit Zähigkeit und Zurückhaltung gelang ihm das Unwahrscheinliche: Der alte Löwe Fraga zog sich als Ministerpräsident nach Galizien zurück und zeigt keine Ambitionen mehr, sich wieder in die Madrider Politik einzumischen. Aznar ist es darüber hinaus gelungen, einen Großteil der alten, frankistischen Schranzen der Partei in den Hintergrund zu drängen und durch offensive Yuppies zu ersetzen.

Es ist eine relativ moderne Rechte, der Aznar heute vorsteht, und der er mit gutem Beispiel vorangeht: Ein strenges Leben ohne großen Luxus, sonntäglicher Kirchgang mit Ehefrau, die drei Kinder besuchen konfessionelle Schulen. Ana Botella gesteht offen, daß sie die Abtreibung ablehnt, während ihr Ehemann sich entschlossen hat, das geltende Abtreibungsgesetz zu respektieren. Er gleicht dem netten Mann von nebenan: Freundlich, durchschnittlich, provinziell. Vielleicht sind auch deshalb die Chancen seiner Partei so stark gestiegen. Auch daß er viel redet und wenig zu sagen hat, erinnert ihn an den netten Nachbarn. Antje Bauer