Aids: In Berlin starben bereits 1.049 Menschen

■ Mit Aktion am Brandenburger Tor begann Internationale Aids-Konferenz / Mehr als 20.000 Infizierte in Berlin

Berlin. Im ICC wird eigentlich erst heute die neunte Internationale Aids-Konferenz offiziell eröffnet. Doch bereits gestern mittag schon machte die Selbsthilfeorganisation Act Up vor dem Brandenburger Tor mit Spruchbändern auf die Situation Aidskranker aufmerksam. Nachmittags schloß sich eine Demonstration durch die Innenstadt an. Im ICC fanden außerdem Symposia von Drittveranstaltern wie der Welcome Foundation und Aids-Therapiegruppen statt. Die World Health Organisation stellte ihr Programm zu Frauen und Aids vor.

Zu der bislang weltweit größten Veranstaltung zum Thema Aids werden 15.000 Teilnehmer aus fast allen Staaten der Erde erwartet. In den fünf Tagen werden 900 Vorträge, 4.500 wissenschaftliche Veranstaltungen und 90 Symposien angeboten. Im Mittelpunkt des Kongresses steht die Ausbreitung von Aids in der Dritten Welt. 2.000 der angemeldeten Teilnehmer stammen aus Entwicklungsländern, in denen Aids sich besonders schnell verbreitet. Weitere Schwerpunkte sind Grundlagenforschung, Klinische Forschung und Aids-Behandlung, Epidemiologie und Prävention sowie psychologische und soziale Aspekte. Auf den Einfluß der Deutschen Aids-Hilfe hin wurden auch Themen wie „Frauen mit Aids“, „Alternative Therapien“, Empfängnisverhütung und Krankenpflege mit aufgenommen.

An dem Kongreß sind neben Wissenschaftlern und Ärzten auch die Aids-Hilfe und verschiedene Selbsthilfegruppen beteiligt. Für die Substitution drogenabhängiger Teilnehmer ist gesorgt.

Ein Durchbruch in der Aids- Therapie wird jedoch auch von diesem Weltkongreß nicht erwartet. Gegen das tödliche Virus ist kein wirksames Medikament in Sicht. Kongreßpräsident Karl- Otto Habermehl, im Hauptberuf Virologe an der FU, wertete auch die Änderungen des genetischen Aufbaus der Viruszelle als rein theoretische Überlegung. Ungeklärt sei auch, warum bei vielen HIV-Infizierten die Krankheit nach Jahren noch nicht ausgebrochen ist.

In Berlin wird die Zahl der Infizierten auf 20.000 bis 25.000 geschätzt. Gestorben sind in der Stadt bislang 1.049 Menschen; nach Angaben der Aids-Hilfe ist die Krankheit bei weiteren 1.021 offen ausgebrochen. Unter den Infizierten sind auch 134 Frauen und 21 Kinder.

In Ostdeutschland sind 390 Infektionen bekannt, im Westen waren es Ende März etwa 56.000. Forscher rechnen allerdings mit rund 100.000 Infizierten in Deutschland. Am stärksten betroffen sind die Staaten der Dritten Welt. In Osteuropa seien die niedrigen Betroffenenzahlen auf Großstädte begrenzt, so Habermehl.

Bereits am Freitag begann nach der Eröffnung einer Ausstellung von Gedenktüchern im Haus der Kulturen der Welt das von der Deutschen Aids-Hilfe organisierte Festival „Aids Culture – Cultural Aids“. Es wird parallel zum Kongreß mit 130 Veranstaltungen den Umgang mit der Krankheit auf künstlerische Weise beleuchten. Das Haus der Kulturen der Welt zeigt Teile des Projektes „AidsRelaTed“ von niederländischen Künstlern. Organisator Frits de Ridder sagte zur Eröffnung, daß die „Bilder auch in 50 oder 100 Jahren zeigen, was wir im Angesicht von Aids gedacht und gefühlt haben“. Corinna Raupach